von Franz Fingerlos
Der Schreibname vom Federn Bachtl war Balthasar Schreilechner, er stammte vom Vordergruber in Göriach. Er war ein besonderes Original, sah sehr verwahrlost aus. Er hatte eine alte zerfetzte Bekleidung, die Hosenbeine hatte er sogar mit Schnüren umwickelt. Auf dem Kopf trug er einen mit Federn geschmückten Hut. Wenn man ihm eine schöne Feder schenkte, freut er sich und steckte sie dann hinter das Hutband. Wegen den Federn auf seinen Hut, wurde er Federn Bachtl genannt. Einen Stecken und einen alten Sack hatte er immer dabei. Welche Gegenstände er in seinem Sack aufbewahrte, hatte wohl kaum jemand erfahren. Wenn er ins Haus kam, verduftete er kein wohlriechendes Aroma, danach musste man ordentlich lüften.
Der Federn Bachtl sagte immer: „Mir hoam se de Hoemat gnomma.“ und betonte zudem, dass er ein angesehener Bauernsohn sei. Tatsächlich wurde in der NS-Zeit der Bauernhof, von dem er stammte, enteignet. Dann arbeitete er auf mehreren Höfen, blieb nirgends lange. Lieber zog er bettelnd durch die Gegend. Hauptsächlich war er in Mariapfarr u. Mauterndorf unterwegs, durchstreifte auch ab und zu den ganzen Lungau. Er hatte bestimmte Häuser, in denen er verköstigt und aufgenommen wurde. So kam er auch ein paar Mal im Jahr zu uns.
Einmal, es war abends an einem heißen Augusttag, ich war gerade bei der Stallarbeit, da kamen meine Kinder aufgeregt zu mir und riefen: „Der Bachtl ist umgefallen u. liegt draußen auf dem Boden!“. Wir brachten ihn dann wieder auf die Füße, setzten ihn auf eine Bank und labten ihn. Er hat sich aber dann bald in die nahegelegene Streuhütte zurückgezogen, hockte hinten in einer Ecke, sagte nichts. Gab auch auf meine Fragen keine Antwort. Mir gefiel das nicht, sodass ich unseren Hausarzt Dr. Oberbacher anrief, welcher bald darauf eintraf. Der Arzt hat ihn liebevoll angesprochen. Er bat ihn, herauszukommen, aber das tat er nicht. So musste der Arzt über den Strohhaufen zu ihm kraxeln. Er redete ihm gut zu, untersuchte ihn, gab ihm eine Spritze. Dies lies der Bachtl alles über sich ergehen und brummte nur ein bisschen. Der Doktor sagte zu ihm: „Bachtl, morgen komme ich wieder. Wenn es dir nicht besser geht, dann musst du ins Krankenhaus.“ Das war zuviel, der Bachtl fluchte u. schimpfte: „Da bringt ihr mich nicht hinein!“.
Am nächsten Morgen stand ich sehr früh auf, um Nachschau zu halten, aber siehe da, der Vogel war ausgeflogen, der Bachtl war weg. Er ist später einmal dann doch im Krankenhaus gelandet, redete dort kein Wort. Das Krankenhauspersonal glaubte, dass er taubstumm sei. Meine Frau arbeitete dort als Diplomkrankenschwester, jedoch hatte sie da gerade ein paar Tage dienstfrei. Als sie dann aber auf die Station kam, da war der Bachtl sehr erfreut und redete mit ihr. Die Ärzte und Schwestern staunten überrascht weil er doch reden konnte.
Der Federn Bachtl ist eines gewaltsamen Todes erlegen, er wurde im Jahr 1988 Opfer des Autoverkehrs. Sein Alter weiß ich nicht genau, circa 75 Jahre alt wird er geworden sein.
© Franz Fingerlos 2022-04-04