Der Feind in meinem Bett

Lotte Maria Kaml

von Lotte Maria Kaml

Story

Allein. Dem Himmel sei Dank, ich bin allein. In meinem bequemen breiten Bett, frisch bezogen mit der Lieblings-Sommerbettwäsche. Der mit den fröhlich flatternden Schmetterlingen und den Blüten-Ranken drauf. Ab heute wird er mich nicht mehr quälen. Nicht mehr nerven, mich nicht um den Schlaf bringen.

Alles habe ich versucht, um ihn friedlich zu stimmen. Mich zu verschonen. Damit ich nicht mehr bei trübem Wetter mit Sonnenbrille aus dem Haus gehen muss. Es war mir peinlich, auch wenn es nicht meine Schuld war. Nie wollte ich ihn provozieren, ihn so wütend machen, dass er auf mich losging. Hinterhältig, brutal, immer wenn ich schlief.

Als es das erste Mal passierte, dachte ich mir noch nicht viel dabei. Wahrscheinlich war ich zu naiv. Aber nachdem ich ihn einmal in mein Schlafzimmer gelassen hatte, war ich ihm ausgeliefert. Er blieb. Mit ihm dieses ungute Gefühl. Wenn ich beunruhigt von seinem aggressiven Ton das Licht anmachte, fiel mir plötzlich seine Attraktivität ins Auge. Immer wieder ließ ich mich davon blenden.

Aber langsam übertrug sich seine Aggressivität auf mich. Warum sollte ich mir das gefallen lassen? Also versuchte ich, ihn wieder los zu werden. Mit intensiven Gesprächen um drei Uhr nachts, zuerst mit Gefühl, dann mit Nachdruck. Es nützte nichts. Er gab mir deutlich zu verstehen, dass er nicht vorhatte, wieder auszuziehen. Ich kaufte mir eine zweite schicke Sonnenbrille und ein gut deckendes Make-up.

Heute Nacht aber hat er die Grenze endgültig überschritten. Er hat es gewagt, seine favorisierte Gefährtin mitzubringen! Hundemüde, mit Wut im Bauch schaffte ich es aber, sie davon zu überzeugen mein Schlafzimmer, mein Bett, meine Wohnung wieder zu verlassen. Nach dieser Aktion riss mir dann endgültig der Strick. Nie hätte ich das von mir selbst gedacht: Aber Herr Culicidae hat mich zur Mörderin gemacht! Ich habe ihn eiskalt erschlagen. Mit einem Buch.

Der Titel desselben ist: „Die Mücke“. Von Timothy C. Winegard. Beschreibung: „Das gefährlichste Tier der Welt und die Geschichte der Menschheit“. Ob ich dieses Werk (ein Geschenk…) jemals lesen werde, sei dahingestellt. Bescheiden fügt es sich ein in meinen „Stapel“ ungelesener Bücher, es hat seinen Platz gefunden im untersten Fach meines Bücherregals, da, wo sich die herumfliegenden Katzenhaare immer sammeln. Die Gestaltung des Grabes meines Peinigers habe ich dem Wind überlassen. Nachdem ich den leblosen Körper aus dem Fenster geworfen habe, ist das Thema für mich erledigt.

RIP., du, der du meine schönsten Träume zerstört hast, der meinen Kater zur Weißglut gebracht hat mit deiner Anwesenheit. Wir schlafen jetzt noch eine Runde, du blöde Stechmücke!

© Lotte Maria Kaml 2020-08-31

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