Der Froschprinz

Travelbird

von Travelbird

Story

Die Holzdielen unter unseren Füßen geben mit jedem Tanzschritt nach. Das Klacken der Absätze verfängt sich in den Strohballen der Scheune. Von der Scheunendecke hängt ein riesiger verschnörkelter Lüster aus Glas, der sich optisch so gar nicht einfügt, aber ein gemütliches Ambiente mitten im Outback Australiens schafft. Zur Country Musik versuchen wir einigermaßen synchron in Linie zu tanzen. Squaredance. Kannte ich bis dahin nur aus dem Fernsehen. Mit ein bisschen Übung klappt der Gruppentanz ganz gut. Die anfänglichen Karambolagen weichen jetzt dem Abklatschen durch High Five. Läuft! Der Schweiß auch. Die schwüle Hitze des Tages ist unser Tanzpartner bis weit in die Nacht hinein. Abkühlung? Gibt es nur in flüssiger Form. Fosters, das australische Starkbier schmeckt, hat aber auch ordentlich Umdrehungen. Nicht, dass ich mich schon genug im Kreis drehe.

»Ich bin gleich zurück. Muss mal eben austreten«, tanze ich aus der Reihe und dem Scheunentor und laufe quer über den staubigen Hof der Farm. Vorbei am Haupthaus, in der sich die Rezeption und besseren Zimmer befinden, hin zum Seitengebäude, in dem ich schlafe. Unsere Toilette befindet sich außerhalb und ist mit einer Holztür und ausgesägtem Herz versehen. Die Glühlampe hängt lustlos vom losen Stromkabel im Inneren herab. Das ist ihre einzige Funktion. Licht spendet sie nicht. Ob sie es jemals tat? Ich glaube nicht. Die Beleuchtung übernehmen die zahlreichen Silbersterne und der Mond, die keine Konkurrenz durch städtische Lichter fürchten müssen.

Ich ziehe die Tür zu, die Hose runter und klappe den Deckel hoch, hocke mich hin und höre ein empörtes »Quak.« Erschrocken springe ich auf und stoße mit dem Kopf gegen die Tür. »Autsch«, fluche ich und erhalte postwendend Antwort: »Quak. Quak.« Da brat mir einer einen Storch. Bin ich derart alkoholisiert? Sehe ich tatsächlich richtig? Sitzt da ein riesiger lindgrüner Rotaugenfrosch in der nassen Kloschüssel neben dem blauen Klostein? Unbeeindruckt von meinen Augen, die mir vor Staunen aus dem Kopf fallen wollen, schaut er mich mit roten Augen an und gibt mir abermals mit »Quak« zu verstehen, dass der kühlende Ort seiner sei und ich gefälligst von dannen hüpfen könne. »Quak. Quak.«

Mit einem Hüpfer und einem verschlucktem Lachen springe ich aus der Tür. »Das glaubt mir keiner, wenn ich es nicht fotografiere«, sage ich mir und renne ins Zimmer, um die Kamera zu holen. Ich springe geschwind noch in die Scheune und fordere meine Freunde auf mitzukommen. »Ich habe den Froschkönig gefunden.« Ohne weitere Erklärungen mache ich kehrt. Die anderen folgen. Ich öffne die WC-Tür und erneut hören wir ein »Quak«. Prince Charming schaut uns aus seinen roten Augen gelangweilt an. Seine Hände und die orangen Finger hat er unter dem Körper zusammen gelegt. »Quak.« Süß!

»Und küßt du den Wasserpatscher?«

»Mein Freund könnte mir diesen Seitensprung verzeihen, wenn ich ihm auch die Goldkugel mitbringe«, quake ich los.

© Travelbird 2021-05-27

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