Der geheimnisvolle Mann im Zug

Lars Hilsmann

von Lars Hilsmann

Story
Vechta

Seit gut einem Jahr fahre ich hauptsächlich mit der Bahn zur Arbeit. Ich hätte es schon viel früher machen sollen, weil es deutlich günstiger und normalerweise auch entspannter ist. Trotzdem gibt es natürlich die ein oder andere Geschichte, die man mit der Bahn erlebt.

Da der Weg in Vechta zur Arbeit kürzer ist, wenn ich vorne einsteige, achte ich darauf jeden Tag. Normalerweise bekomme ich auch immer einen Sitzplatz. Schon vor längerer Zeit ist mir ein geheimnisvoller Mann aufgefallen, der auch immer vorne eingestiegen ist. Er hat längere gräuliche Haare und eine Brille auf der Nase. Habe ich da mein zukünftiges Ich gesehen? Wohl kaum. Er raucht und ich kann mir nicht vorstellen, irgendwann damit anzufangen. Bevor ich eine Brille trage, werde ich meine Augen wahrscheinlich auch lieber lasern. Ein paar graue Haare habe ich aber jetzt auch schon.

Er ist mir immer wieder aufgefallen, weil er auch schon im Zug saß, als ich eingestiegen bin. Folgerichtig muss er schon in Delmenhorst oder Bremen eingestiegen sein. Zu einem Gespräch kam es allerdings nie, bis der Zug ausgefallen ist. Natürlich ist der Zug nicht bei angenehmen 20°C im Sommer ausgefallen, sondern bei Minusgraden im Winter. Daran lag auch das Problem: Es gab den Verdacht auf einen Schienenbruch. Da wir das gleiche Schicksal ertragen mussten, kamen wir ins Gespräch und vertrieben uns die Zeit, bis es weitere Informationen gab. Wir kamen zu dem Schluss, dass wir unsere Liebsten anrufen mussten, um uns abholen zu lassen. Aus Bremen ist es jedoch eine ganz schöne Strecke nach Vechta. Wir hatten also Zeit.

So vertrieben wir uns die Zeit und fanden im Fußball ein gemeinsames Interesse. Da er aus Bremen stammt, ist er natürlich Werderfan. Darüber hinaus erfuhr ich, dass er zwei Söhne hat, die auch fußballverrückt sind und dass er mit seiner Freundin zusammenwohnt. Diese hat vor kurzem erst eine Wohnung in Bremen gekauft. So konnte ich erzählen, dass ich auch eine Wohnung in Bremen habe, die vermietet ist. Halb erfroren wurde ich dann 1 ½ Stunden später endlich von meinem Schwiegervater abgeholt. Das Eis zwischen dem geheimnisvollen Mann und mir war allerdings gebrochen

Gestern hatten wir eine ähnliche Situation, weil der Zug wieder ausgefallen ist. Dieses Mal lag der Ausfall an der Verspätung. Normal fährt der Zug nicht mehr, wenn er mehr als 30 Minuten Verspätung hat, weil dann schon bald der Nächste folgt. Gestern haben wir dann die Snackautomaten für uns entdeckt. Wir haben uns allerdings wie bei der versteckten Kamera gefühlt, weil der Automat nicht so wollte wie wir. Erst ging die Kartenzahlung nicht und dann ist natürlich das gewünschte Produkt stecken geblieben. Durch Schütteln des Automaten konnte ich dann aber doch noch mein gewünschtes Produkt erhalten. Mal gucken, was wir noch so für Geschichten bei Zugausfällen erleben.

© Lars Hilsmann 2025-03-19

Genres
Romane & Erzählungen
Stimmung
Abenteuerlich, Herausfordernd, Inspirierend, Unbeschwert, Mysteriös
Hashtags