von Kamilla Ahd
Der Raum, indem wir uns befanden war kalt. Die blaue Farbe der Wände stärkte das unangenehme kühle Gefühl in mir, als befände ich mich bei Minustemperaturen mit einem T-Shirt und einer kurzen Hose draußen im Schnee. Als sie den Raum betrat, knipste sie das Licht aus und plötzlich waren die blau gestrichenen Wände nicht mehr präsent. Meine Augen nahmen keine Farben mehr wahr, sie hatten ab diesem Zeitpunkt keinen Nutzen mehr für mich. Meine anderen Sinnesorgane; hören, riechen, schmecken und fühlen waren nun auf die Probe gestellt worden. Meine Ohren nahmen auf, wie sie sich neben mir aufs Bett legte. Mich plagte das verlangen sie endlich zu küssen. Wozu habe ich sonst die Fähigkeit zu fühlen? ››Ich mag deine Lippen.‹‹ ließ ich sie wissen. ››Fühlen sie sich auch so gut an, wie sie aussehen?‹‹ Ich war fest entschlossen, sie offiziell als Idiotin zu bezeichnen, wenn sie sich auch dieses Signal entgehen ließe. Nach der Frage wagte sie sich tatsächlich in meine Richtung zu bewegen, endlich. Mein Körper füllte sich innerhalb weniger Sekunden mit Adrenalin. Und dann drückte sie endlich ihre trockenen Lippen auf meine. Ich konnte nicht anders, als mich ihr hinzugeben. Das unbeschreibliche Gefühl möchte ich in mir festhalten und nie wieder loslassen. Ich verlange nach einem Zugang zu diesen Emotionen, zu denen ich immer zugreifen kann, wenn ich es will. Gierig versuchte ich immer mehr davon zu bekommen, damit es bloß nicht verschwindet. Ist das Liebe? Oder ist das nichts anderes als pure Euphorie? Sie saugte an meiner Unterlippe, so sehr, als würde sie sie beinahe in sich verschlucken. Das Gefühl mochte ich am meisten. Es zeigt mir, wie sehr sie mich will. Es dauerte nicht lange und unsere Zungen wurden in das Geschehen eingeweiht. Wir waren uns so nah, nur noch unsere Kleidung war im Weg und trennte uns voneinander. Das Verlangen sie zu berühren war unberechenbar, also griff ich unter ihrem T-Shirt, während ihre Finger zwischen meine Haare fuhren. Hör bloß nicht auf, dachte ich. Mittlerweile war ich so gefüllt von Sinnlichkeit, dass mir die Kälte nicht mehr auffiel. Ich stand nicht unter Einfluss von Drogen und trotzdem schien ich wie betäubt zu sein. Ich entschloss mich, mein Shirt auszuziehen, in dem gleichen Moment, in der sie ihres auszog. Wir kriegten gar nicht genau voneinander, wie unsere Lippen, die sich wie eine Endlosschleife ununterbrochen küssten. Sie arbeitete sich runter, küsste und saugte an meinem Hals. Erst küsste sie meine linke Brust, dann begab sie sich in die Mitte meiner beiden Brüste und zog rüber zu der rechten Brust. Als sie fertig war, widmete sie sich meinem Bauch zu. Ich ließ mich nur noch treiben, wie die Blätter der Bäume im Herbst, kurz bevor sie zugrunde gehen. So verbrachten wir die letzten Stunden zusammen an dem Abend, bevor wir einschliefen. Den nächsten Schritt wagten wir nicht in dieser Nacht. Wir füllten ihn nur mit Küssen, Erinnerungen und Emotionen. Ich bin erstaunt, wie nah wir uns seit langem wieder waren. Mir fehlte das Gefühl, welches auftrat, wenn sie mich berührte und küsste. In den darauffolgenden Tagen blieb ein kleiner Nachgeschmack an meinen Lippen hängen. Noch immer spürte ich etwas kribbeln.
Mein Körper verlangte mehr, mehr von ihr. Etwas, was ich meinem Körper nicht bieten konnte.
© Kamilla Ahd 2024-05-16