von Jace
Es blickte in die Ferne und sah ein weiteres Insekt in der Luft herumschwirren. Elegant und schön sah es aus. Es wusste, dass dieses Insekt sehr beliebt unter den Menschen ist und hoffte zutiefst eines Tages auch so akzeptiert zu werden. Doch ganz im Inneren seines Körpers wusste es, dass es eigentlich unmöglich war. Es schaute dem anderen Insekt weiterhin zu mit der Hoffnung bemerkt zu werden. Bald spürte das Insekt den Blick und landete makellos auf einem Blättchen.
„Na, gibt es was?“, fragte der Schmetterling.
Es schüttelte den Kopf. „Ich frage mich nur, was ich machen könnte, um so aussehen zu können wie du.“
Der Schmetterling lachte höhnisch, „Du sollst mich Siezen.“
Hä?, dachte es sich. „Na gut, wie kann ich so aussehen wie Sie?“
„Gar nicht. Du wurdest hässlich geboren, so sollst du auch bleiben. Allerdings musste ich aus einem Kokon raus, das war die Hölle!“, spuckte der Schmetterling und flog weg.
Verletzt saß es unter dem Blatt. Es nahm sich einen scharfen Grashalm und schnitt sich an den Beinchen. Ein Marienkäfer kam vorbeigeflogen und bemerkte den trauernden Käfer.
„Was ist denn los?“
„Finden Sie mich hässlich?“, brachte es in einem Flüstern raus.
„Du darfst mich ruhig duzen! Aber… was machst du da mit deinen armen Beinchen?“
„Um schön zu sein, muss ich aus irgendetwas schlüpfen. Ich glaube, dass ich aus meinem eigenen Körper schlüpfen muss.“
Der Marienkäfer konnte seinen Augen nicht mehr glauben. „Nein! Lass das, das tut doch weh. Und du bist wunderschön!“
Es zwang sich zu einem Lächeln. „Du kannst gut reden. Schließlich bist du bunt… rot und sogar bepunktet.“
Der Marienkäfer nahm dem Käfer den Grashalm weg. „Sag Mal, wer sagte dir denn, dass du aus irgendetwas schlüpfen müsstest?“
„Ein Schmetterling.“
„Nun wird mir einiges klar,“ seufzte der Marienkäfer, „die kleinen Bestien. Die sind hässlich.“
Sie beide schauten sich dann verwirrt an.
Der Marienkäfer bot dem anderen Käfer Trost an. Nachdem der Marienkäfer von dem Gespräch erfuhr, wusste es was los war.
„Du, du bist gar nicht dazu ausgelegt aus einem Kokon zu schlüpfen. Und im Prinzip hat der Schmetterling sich ins eigene Knie geschossen. Es sah selbst ‚hässlich‘ aus als es geboren wurde. Wenigstens laut Menschen. Die sind viel schlimmer als solche eingebildeten Schmetterlinge. Die denken sie wären was Besseres, nur weil es ihnen diese dummen Monster auf zwei Beinen es ihnen einreden. Du bist wunderschön. Aber nun muss ich weiter. Verletze dich nicht, es wird dir nicht weiterhelfen. Ich akzeptiere dich wie du bist. Adieu!“
Die Sonne ging unter und es war zufrieden. Nun wusste es, was Schönheit wirklich war. Der Marienkäfer war das schönste Insekt, welches es jemals kennengelernt hat. Es war von innen schön. Doch es verstand den Schmetterling trotz Gemeinheit. Als es spazierte, überhörte es die gemeinen Kommentare von Menschen über Kokons. Nun verstand es wirklich und fühlte sich zum ersten Mal im Leben schön.
© Jace 2024-07-27