Der “Held”

Harald Klingler

von Harald Klingler

Story

Eines Tages tränkte ich mein Kamel beim Schwarzen Meer und ließ es auf der Weide von Kunsunttu grasen. Nachdem ich nach Hause zu meinem Weib zurückgekehrt war, verprügelte ich sie. “Gibt es auf der Welt einen Helden, der stärker und besser ist als ich?’’, schrie ich, als ich sie weiter schlug. Sie kreischte, dass es niemanden besseren auf der Welt gebe als mich, aber ich hörte nicht auf.

Am nächsten Tag erzählte meine Frau der Nachbarin, dass ich sie immer wieder schlug. Sie unterbreitete ihr einen Vorschlag: “Wenn dein Mann sich wieder anschickt, dich zu prügeln, so sag ihm, er möge gen Osten ziehen, über die Weide von Kunsunttu hinaus, um herauszufinden, ob es dort Menschen gibt, die stärker sind als er.“

Als ich am nächsten Tag wieder mein Kamel im Schwarzen Meer tränkte, kehrte ich danach heim und verprügelte abermals meine Frau. Ich wiederholte wieder den Satz: “Gibt es auf der Welt einen Helden, der stärker und besser ist als ich?’’ Diesmal antwortete mein Weib: “Willst du das in Erfahrung bringen, so ziehe nach Osten, über die Weide von Kunsunttu hinaus.’’ Ich hörte mit dem Prügeln auf, zäumte mein Kamel und ritt in den Osten.

Ich nahm einen Pfeil und Bogen sowie ein Schwert mit. Als ich schon lange geritten war, gelangte ich zu einem Berg und wollte rasten. Auf einmal sah es so aus, als würde sich der Berg bewegen. So schoss ich einen Pfeil ab. Es stellte sich heraus, dass es ein schlafender Diw war, der sich bewegte. Der Pfeil fügte ihm keinen Schaden zu und ich spannte nochmal den Bogen. Der Diw wurde sauer und streckte sich zu seiner vollen Größe. Ich erschrak und lief davon, doch der Diw folgte mir. Nach einer Weile war ich erschöpft. Dann sah ich einen Bauern namens Jarmagomed, auch er war ein gewaltig großer Riese “Bei Allahs Willen, bitte hilf mir! Ich werde dir für immer danken!’’, schrie ich voller Angst, vom Diw getötet zu werden. Er hob mich vom Boden und steckte mich in seine Hosentasche. Einige Sekunden später tauchte der Diw auf und fragte nach mir. Jarmagomed antwortete: “Ich habe noch nichts gegessen und habe Hunger. Der Diw nervte weiter den Jarmagomed, bis dieser ausrastete und ihn erschlug.

Jarmagomed kehrte heim zu seinem Weib, das er von Herzen liebte. Sie hatte ihm schon einen Haferbrei zubereitet. Da hörte er meine Schreie aus seiner Hosentasche. Ich war noch immer darin und schrie mir die Seele aus dem Leib. Er zog mich raus und fragte: „Warum bist du hierher zu uns Riesen gekommen?” Ich erzählte ihm alles, was mit meiner Frau geschehen war und warum sie mich hierher geschickt hatte. Jarmagomed schüttelte den Kopf, nannte mich einen Iditoten und belehrte mich, was einen richtigen Helden ausmacht. Ich kehrte nach Hause zurück und behandelte von nun an meine Frau besser.

Alina, Jelena, Nela

© Harald Klingler 2023-02-22

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