Als wir drei Frauen aufbrechen, geht Ernst Karl auch sein Auto in der Garage holen. Wir stehen an der Straße und warten auf Lilo, die ihren Wagen herausfährt und uns einsteigen lassen will. Ernst Karl hat so über die Maßen von seiner Person erzählt, dass meine Erwartungen entsprechend sind. Da fährt er heraus, und das in einem älteren Golf, bemüht, schnittig zu wirken. Irgendwie denk ich mir dann etwas dabei.
Der Abend eine Woche später im Casino bei herrlichem Essen, den erlesendsten Fischen und Salaten und in Champagnerlaune ist wirklich sehr unterhaltsam. Sein Freund, ein angenehmer Mann, rund, mit etwas Bauch, nicht anmaßend und auch nicht zudringlich, hat uns dazu eingeladen, weil er viel Geld gewonnen hatte. Ernst Karl sagt mir später, er lasse fragen, ob ich nicht eine aus meinem Freundinnenkreis für ihn wüsste, er hätte auch gern eine so tolle Frau als Partnerin. Wie bitte? Welche Partnerin von wem? Wir kennen uns kaum, gehen zum ersten Mal aus.
Beim anschließenden Nachhausefahren, ich in meinem, Ernst Karl in seinem eigenen Auto, fährt er ein Stück hinter mir nach. Ich muss an der Kreuzung wegen Rotampel anhalten. Er fährt nahe auf, steigt aus und klopft an mein Fenster. Ich kurble es herunter, da beugt er sich rasch herein und küsst mich. Geh! Nicht schon wieder ohne Zeichen meinerseits! Langsam hab ich den Eindruck, die Männer reden sich so in einen Rausch mir gegenüber, wie toll und gut und gescheit sie sind, dass sie glauben, es wären meine Worte gewesen. Es wird grün, er zieht er sich zurück und biegt dann in seine Richtung ab.
Lilo zeigt mir einen Katalog mit Ernst Karl als Männermodel für Outdoorbekleidung, Anoraks und Windjacken. Als ich ihn beim nächsten Treffen frage, was er denn als angeblicher Korrespondent für die Zeitung mache, meint er, er sei für Sportreportagen zuständig, manchmal, wie er bei meiner nunmehr skeptischen Haltung zugibt. Seine geschiedene Frau wohne getrennt von ihm. Wie getrennt, in einem anderen Haus? Nein, sie links, er rechts vom Eingang der Wohnung, erfahre ich nach mehrmaligem Nachfragen. Langsam kommt mir, dass er arbeitslos ist, sich mit verschiedenen Tätigkeiten über Wasser hält, in Cafes und ins Casino geht, weil er gratis drinnen sitzen kann und nicht in seinem kleinen Wohnungszimmer sein muss. Er lügt sich selber unglaublich in die Tasche.
Dann mach ich einen unverzeihlichen Fehler, der aber vielleicht gut zum Verlauf der Geschichte beitragen wird. Ernst Karl hat in der darauffolgenden Woche Geburtstag. Er posaunt es unüberhörbar hinaus. Es ist Herbst, mein Zwetschkenbaum im Garten hängt voller Früchte. Ich beschließe, ein Backblech voll Zwetschkenkuchen aus einem viertel Kilo Butter und fünf Eiern zu machen, damit auch gleich meine Kinder nach vorheriger Suppe und Salat ein abgerundetes Abendessen haben.
Ernst Karl lade ich kurz vorher zu Kuchen und Kaffee oder Tee ein. Er ist ganz aufgeräumt und besieht sich Garten und Haus, bevor er sich gut gelaunt an den Tisch setzt…..
© Barbara Riccabona 2021-09-28