* Der Hundemann

MISERANDVS

von MISERANDVS

Story

Jeden Tag um sieben kommt der Hundemann.

Klopft an Tür und Fenster leise an.

„Gebt mir eure Hunde, denn ich zahle gut!“,

spricht er, und er zieht dabei den alten Hut.

Und von Zeit zu Zeit da nickt ihm jemand heimlich zu.

Reicht ihm einen Sack und macht die Türe zu.

Dann legt er zwei Münzen oder manchmal mehr

wortlos auf die Schwelle und kommt nimmer her.

Und in seine Butte steckt er etwas ein.

Sanft und mit Bedacht schieb er’s ins Bündel ´rein,

welches manchmal winselt, welches manchmal schreit.

So macht er’s im Sommer und im Winter, wenn es schneit.

Wenn dann über‘n Tag die Sonne brütend schwer,

setzt er sich mit seiner Butte nah am Brunnen her.

Reicht mit einer Schale frisches Wasser hin

an die kleinen Wesen in der Butte drin.

Jeden Tag um sieben kommt der Hundemann.

Jeden Tag spricht ihn die alte Grete an.

„Nimmst du meinen Hund? Ach, nimm ihn, bitte sehr!

Ist er doch schon alt und sieht mich nimmer mehr.“

Jeden Tag um sieben spricht er: „Grete, nein!

Dieser alte Hund kann kein Gewinn mehr sein.“

Dann geht sie von Dannen, führt den alten Hund,

seine blaue Zunge hängt ihm aus dem müden Mund.

Tag um Tag dasselbe bittersüße Spiel,

bis der Alte eines Tages nicht mehr spielen will.

Und er nimmt ihn, gibt zwei Münzen her.

Zieht den blinden Köter langsam nach sich her.

Schritt um Schritt macht er sich auf den langen Gang,

dabei summt er einen leisen, schaurigen Gesang.

Wo sein Weg ihn hinführt, weiß man nicht.

Fragt man ihn danach, verzieht er sein Gesicht.

Jeden Tag um sieben kommt der Hundemann.

Und die alten Hunde knurr’n ihn böse an.

Denn sie wissen: Vor den Toren liegt ein blinder Hund,

und die blaue Zunge hängt ihm aus dem toten Mund.

© MISERANDVS 2021-09-05

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