Der kleine Drache, der Junge und das Fliegen

L_J_Replaceable

von L_J_Replaceable

Story
An der Klippe und dem Meer

Der Junge schloss die Augen, als der Wind den Schal zum Flattern und Wehen brachte. Auf seinen kleinen Füßen stand er wacklig, das bemerkte sogar der Drache und kurzerhand stellte er sich hinter ihn. Mit dem Drachen an seinem Rücken fühlte der Junge sich sicher. Er schloss die Augen und grinste breit. Vergessen waren die Tränen und der Kummer, der ihn hierher gebracht hatte. Doch er war froh, dass er traurig gewesen war, denn wäre er es nicht gewesen, hätte er den Drachen niemals kennengelernt und auch nicht, wie man fliegt.

„Wow!“, rief der Mensch und lachte, sodass es das traurige Herz des Drachen erwärmte. „Es ist wirklich wie fliegen!“ Ein harter Windstoß blies den Jungen gegen die Brust des Drachen und beide lachten sie. Es tat ihnen gut, denn sie vergaßen all den Kummer, der ihre Seelen umarmte.
„Sag ich doch, kleiner Mensch!“, rief der Drache und half dem Menschen mit seinem Kopf, zu stehen. Er konnte später fliegen. Jetzt wollte Drago, dass der Mensch lachte und vergaß, wieso er traurig war. Jubelnd schwang der Junge die Arme auf und ab, als würde er wirklich fliegen.
„Ich fliege gerade über den Wolken! Oh und da gibt es viele Vögel!“ Drago grinste glücklich. Der Mensch flog, so wie er. Mithilfe seines Schwanzes half er dem Jungen zu stehen und breitete selbst wieder die Flügel aus. Er wollte mit ihm fliegen, mit ihm die Vögel jagen und durch die Wolken brechen.
„Oh ja, ich sehe sie!“, rief der Drache und schloss die Augen. „Schneller, sonst fliegen sie davon!“ In ihren Köpfen war alles so leicht. Keine Trauer, keine Angst und keine Furcht. Nur der kleine Drache, der Junge und das Meer.
„Sie sind so schnell“, lachte der Junge. „Danke, kleiner Drache.“ Seine Stimme war jetzt ruhig, die Augen hatte er wieder geöffnet und die Arme gesenkt.
„Wofür?“, wollte der Drache wissen, denn er hatte ihm ja nichts gegeben.
„Dafür, dass du mit mir geflogen bist und mir gezeigt hast, wie fliegen geht.“ Drago grinste und ließ sich neben dem Jungen auf den Boden fallen. Auf ihren Rücken sahen sie in den Himmel und zu den Sternen.
„Aber klaro“, seufzte Drago. „Sowas machen Freunde.“
„Du … willst mit mir befreundet sein?“ Erneut war der Junge perplex, niemals wollte jemand sein Freund sein.
„Na klar, wir sind doch zusammen geflogen.“ Das reichte schon für den Drachen. Für ihn war es beschlossene Sache, der Junge war sein bester und einziger Freund. Und er brauchte auch niemanden sonst, denn niemand verstand ihn so wie der Mensch.
„Aber ich habe geweint“, sagte der Junge. „Das macht mich schwach.“
„Nein, das stimmt nicht. Du bist nicht schwach. Das Meer weint auch. Und der Himmel. Aber das ist okay, wir müssen alle weinen.“
„Warum müssen wir weinen?“ Für den Menschen war weinen, Schwäche. Nie hatte er jemanden weinen gesehen.
„Weil weinen gut tut. Nach den Tränen kommt das Lachen. Und sieh nur.“ Mit seiner Kralle deutete er auf den Halbmond. „Sogar der Mond lächelt heute Nacht.“ Kichernd hatte der Junge eine Hand vor seinen Mund gehalten und nickte. Der Drache hatte recht. Ja, sie lachten. Er, der kleine Drache, der Mond und das Meer

© L_J_Replaceable 2024-09-18

Genres
Science Fiction & Fantasy
Stimmung
Abenteuerlich, Emotional, Hoffnungsvoll, Unbeschwert, Entspannend
Hashtags