von Thomas Paar
Meine Wenigkeit verspürte bereits in den letzten Tagen eine langsam aber sich stetig steigende Vorfreude auf das Bevorstehende. Obwohl bereits wieder ein paar Tage im neuen Jahr vergangen sind, wollte es noch nicht so recht klappen. Doch letzte Woche war es dann endlich so weit. Wir beide fanden einen übereinstimmenden Termin, denn wir wollten endlich, dass das Warten ein Ende hatte. Der heutige Tag wurde auserkoren.
Nach einem warmen und freundlichen Empfang, was auch nicht anders zu erwarten war, dauerte es nicht lange, bis die Weichen gestellt wurden. Etwas Getratsche und hier und da kleine Späße sorgten für eine angenehme Atmosphäre. Insgeheim wussten wir aber, worauf wir zusteuerten. Denn im Hintergrund war sie bereits von der ersten Minute an vorhanden. Diese Spannung in der Luft und dieses leichte Kribbeln in den Fingerspitzen. Worauf es hinauslaufen würde, wussten wir beide. >>Wollen wir gleich beginnen?<<, hörte ich die Worte, als ob sie von weit weg kommen würden. Noch während sich die Worte durch meinen Gehörgang auf direktem Weg zu meinem Gehirn befanden, schaltete mein Körper automatisch in den Kampfmodus. >>Na klar, fangen wir an<<, war mein kurze und knappe Antwort.
Am Anfang konnte man durchaus merken, dass wir beide etwas eingerostet waren. Wir machten aber das Beste daraus, hatten Spaß, lachten viel und nutzten es als Aufwärmrunde. Da es irgendwie als Probe diente, konnten und wollten wir es aber nicht dabei belassen. Im Gegenteil, wir hatten das Gefühl, gerade erst richtig in Fahrt zu kommen. Bereits zu Beginn der nächsten Runde machte sich diese Tatsache augenblicklich bemerkbar.
Die Qualität war von Anfang an höher. Der Spaß war noch immer da, aber unsere Sinne waren dieses Mal bereits von Anfang an geschärft. Nun war die Zeit gekommen, Unachtsamkeiten außen vor zulassen, und immer einen Schritt vorne zu sein. Wir schenkten einander nichts. Wir kamen immer besser hinein. Nachdem ich in der ersten Runde als Sieger vom Feld gegangen war, musste ich mich in der zweiten Runde geschlagen geben. So wollten wir diesen Nachmittag aber nicht zu Ende gehen lassen. Mit einem letzten Mal wollten wir eine Entscheidung herbeiführen.
Es gab Situationen wo wir einander Respekt zollen mussten. Alles in allem waren wir für unsere Verhältnisse echt nicht schlecht. Der heutige Nachmittag ging mit zwei zu eins an mich. Doch das Jahr ist noch jung und die Liste, in denen wir den Spielstand mit notieren so gut wie noch nicht vorhanden. Das neue Jahr mit den Partien, die ich gegen meinen Paps spiele, hat gerade erst begonnen.
Wenn der König und seinen Untertanen uns rufen, dann freuen wir uns schon beide auf die kommende Begegnungen vor dem Schachbrett.
© Thomas Paar 2023-01-17