von Raimund Rolsberg
Als bei einer Routineuntersuchung als Ergebnis „unheilbar, voller Metastasen“ beim Klinikclown diagnostiziert wurde, und der Arzt ihm dies in Fachlatein erklärte, da sah der Clown aus dem geschlossenen Fenster, der hohen Ordination, und nuschelte dann, „ich habe keine Zeit zum Sterben, ich möchte noch für die anderen leben“ und dann drückte er auf seine Plastiknase und sie begann zu quietschen. Unabsichtlich lehnte er sich nach rückwärts und fiel vom Stuhl. Der Arzt fand die Situation skurril, aber er war außergewöhnliches gewohnt und er half unserem Clown wieder auf die Füße, zumindest für diesen Moment. Er fand sich wenige Tage später im Spital wieder, denn was lange in ihm wuchs, das war etwas, dass sich gegen ihn selbst richtete und es gewann von Minute zur Minute die Oberhand. Der Clown hatte Glück, sofern man dieses Wort in seiner Situation passend findet, denn er fand sich in einem Einzelkranken Zimmer wieder. Der Krankenhausvorstand kannte ihn schon sehr lange, alle kannten ihn in diesem Spital, denn er spendete den Kindern und den großen Kindern schon seit über zwanzig Jahren regelmäßig Trost. Er war ein freundlicher Mann, der mit seinem Talent anderen ihr eigenes Lebens lebenswerter machte. Er hatte Empathie für die Menschen, er liebte sie auf eine Weise, wie nur der liebt, der das Leben liebt. Er brachte Ablenkung und Kinderlachen, das davor voller Tränen war, er tat das alles kostenfrei, aber nicht umsonst.So nahmen sich die Krankenschwestern und die Krankenpfleger, die behandelnden Ärztel alle Zeit und Mühe, um ihn in seiner Situation zu helfen. Der Clown war müde, und es tat ihn einmal das eine, dann das andere sehr weh. Er konnte einmal nicht so gut atmen, nicht so gut schmecken und dann war er auch viel mit sich und einsam und alleine. Manchmal in der Nacht, wenn er große Schmerzen hatte, da gaben sie ihn eine Überdosis von etwas, dass die Schmerzen vergessen ließ und er konnte schlafen.Aber wisst ihr was? Das alles war gar nicht so schlimm, denn da war mehr an ihm, als die Metastasen und seine Krankheit. Er dachte daran, was er alles für andere tun dürfte und er war in seinem Dasein nicht alleine. Jeden Tag und manchmal auch in der Nacht und während der langen Nacht und des langen Tages, da besuchten ihn die Kinder, denen er selbst damals Trost und Lachen gespendet hatte, und auch deren dankbare Eltern. Sie lasen ihm vor, und er erklärte jeden einzelnen, wie man Luftballontiere formte und dann erzählte er Witze und von vielem lachen vergaß er all das Dunkele um und in ihm. Dann löste sich der Geist und er konnte schweben und fliegen und er besuchte all die Orte und Menschen, denen er in den letzten Jahren begegnete. Dann, viel zu früh, wurde es immer leiser um ihn, die Krankenpfleger spielten auf seiner Gitarre vertraute Lieder, während andere seine Hand streichelten. Einmal, da wurde er noch wach und er sah eine leuchtende Gestalt vor ihm. War es Engel mit einer gelben Clownsnase? Oder ein Doktor in seinem weißen Kittel?Was oder wer auch immer es war, zum Schluss sah und fühlte der Clown ein liebevolles Lächeln, und er lächelte auch noch einmal, so breit und voll waren seine zärtlichen Lippen, so herzlich sein Mund und weich sein Herz, und so sanft seine leuchtenden Augen, und es wurde alles so warm und vertraut in ihm, während sein Zimmer voller gebastelter bunter Ballons, echter Blumen und schöner Geschichten waren, die nur du verstehst, du, der das Leben liebt.
© Raimund Rolsberg 2024-12-14