Der Lederjacken-Mann

Es ist locker über 20 Jahre her, als ich mit meiner besten Freundin darüber philosophierte, ob man wohl einen geeigneten Partner über eine Kontaktanzeige finden könnte. Ich hab nur darüber gelacht und war nicht ansatzweise interessiert, aber sehr wohl neugierig.

Also erstellte ich einen Text, hatte viel Spass dabei, dachte mir nix und schickte die Anzeige per Post los (damals war das ja noch so).

Eines Tages kam dann ein dicker Umschlag mit der Post, alles Antworten per Chiffre. Dass sich da überhaupt was bewegt hatte, fand ich ja schon erstaunlich, hatte ich meine Aktion doch zwischenzeitlich schon glatt wieder vergessen.

Aber schwups war sie wieder da, die Detektivnase, die jeden einzelnen Brief sorgfältig untersuchte…auf Schreibfehler, auf besondere Schriftweisen, auf beigelegte Bilder und natürlich einen möglichst originellen Inhalt.

Schlußendlich, auch wenn sie sich wirklich alle viel Mühe gegeben hatten, blieb nur ein Brief in meiner Aufmerksamkeit hängen, blöderweise ohne Bild…und dann das große Erstaunen, es war ausgerechnet der mit der kürzesten Entfernung des Absenders, er wohnte quasi um die Ecke.

So begann ein schriftlicher Austausch, der mich ziemlich faszinierte, weil er alles andere als 0815 war.

Nach einigen Wochen hin und her war ich eines Abends in meinem Lieblingslokal und es dauerte nicht lange, bis er mir ins Auge fiel. An der Bar saß er, mit seiner schwarzen Lederjacke, seinen langen lockigen Haaren (da wurde so ziemlich jede Frau neidisch drauf) und seinem fröhlichen Lachen. Ich hab die Augen fast nicht von ihm gekriegt und irgendwann muss er meine bohrenden Blicke bemerkt haben. Immer wieder drehte er sich um und lächelte. So recht wusste er auch nicht, was zu tun war und so wirklich klar war mir das auch nicht.

Doch dann stand er auf und wir begegneten uns, kamen sehr schnell ins Gespräch um nach einigen Minuten dem anderen doch zähneknirschend zu berichten, dass wir eigentlich schon ziemlich viel Interesse an einem anderen Menschen hätten. Wir hätten da nämlich eine sehr besondere Brieffreundschaft und der sollte man doch erstmal eine Chance geben…irgendwann klingelte es bei mir und ich fragte nach seinem Namen.

Zu gerne hätte ich als Außenstehender unsere Gesichter gesehen, als klar wurde, dass wir beide seit Wochen die Post reichlich mit unserem Porto beglückten.

So ist das, wenn die Seelen den Weg schon kennen und die Menschen losschicken, um sich zu finden :-)