Der letzte Sandler von Zeltweg

Richard Krampl

von Richard Krampl

Story

Gestern hat der Peter Schmitz wieder angerufen. Er war der letzte Sandler in Zeltweg. 15 Jahre hat er auf der Straße gelebt, davon 9 Jahre in Zeltweg. Er hatte eine Freundin in Zeltweg, die Sonja Langs, die ihn durchaus so mit Fischkonserven etc. versorgte, in Pausendorf hatte er auch noch eine Anlaufstelle und wenn es ganz eng wurde, ist er zum Pfarrer Mag. Gerhard Hatzmann, der ihm beispielsweise einen Zwanziger zusteckte. Der Peter ist ja ein Deutscher. Ca. 55 Jahre alt wird er jetzt sein. Mir war er durchaus sympathisch und wir redeten von Zeit zu Zeit miteinander. Zeltweg ist ja nicht der allerschlechteste Platz für einen Sandler. Der ÖBB-Warteraum ist Tag und Nacht offen und warm und gegenüber dem Seniorenpark gibt es eine Parkbank, die steht unter einem Balkon, also da kann man schlafen, selbst wenn es regnet. Ich habe ihm ein paar mal erlaubt, in unserem Sitzplatz im Garten zu übernachten. Einmal komme ich von Wien nach Hause, da schläft er im Warteraum. In einer komplett unmöglichen Stellung. Weil die Plätze dort sind ja extra so gebaut, dass man eben nicht dort schlafen kann. Ich habe ihn zu uns nach Hause eingeladen und ihn im „Gästezimmer“, übernachten lassen. Ich meine, es war immerhin Dezember (2018). Ich erlaubte ihm, fürderhin dort zu übernachten und gab ihm einen Haustürschlüssel. Er hatte ganz strenge Auflagen: Er darf keinesfalls vor 21 h „heimkommen“ und er muß allerspätestens um 8 h morgens wieder draußen sein. Damit meine Schwestern nicht draufkommen (wohnen in Graz). Naja, wir haben viel geredet und er ist tatsächlich ein sehr interessanter Mensch. Er konnte Fahrräder reparieren, aber ordentlich und zwar alles. Auch so richtig aus Trümmern Fahrräder zusammenbauen. Er hat nämlich von 9 bis 15 in Deutschland (in der ehemaligen DDR) in einer Fahrradreparaturwerkstätte mitgeholfen. Er kann tischlern, schließlich hat er jahrelang in einer Tischlerei gearbeitet, er hat zwei Jahre in einem Pflegeheim gearbeitet und – last but not least – war er gelernter landwirtschaftlicher Facharbeiter. Zwei seiner Fahrräder habe ich noch.

Naja, er hat sich halt einmal nicht an die Auflagen gehalten und damit ist er aufgeflogen. Jedenfalls hat ihn meine Schwester Johanna Edler auffliegen lassen. Weil das Haus gehört ja nicht mir, sondern meiner (dementen) Mutter. Zur Sicherheit haben sie ihm sexuelle Belästigung angehängt. Ihn haben sie bei der Polizei 3 Stunden lang verhört, die Pflegerin 2 Stunden und mich 1 Stunde. Hat sich in nichts aufgelöst. Der Peter hatte immerhin zwei Monate lang eine tolle Übernachtungsmöglichkeit. Abends ging es manchmal in der Küche mit der rumänischen Pflegerin und mir so richtig hoch her. Bei der Weihnachtsfeier 2018 hat er Mundharmonika gespielt. Er hat mir auch bestätigt, dass die Mutti von der Rumänin viel zu wenig zu essen bekommt. Er wohnte dann auf Vermittlung seiner Freundin Sonja Langs ein kurze Zeit lang in Knittelfeld und jetzt wohnt er mit der Sonja in einem Haus in Norddeutschland.

© Richard Krampl 2020-09-11

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