Der Luchs und der Igel

Liane Ewert

von Liane Ewert

Story

Eugen war ein besonderes Tier. Er war schlau, aber recht klein. Und die vielen Stacheln auf seinem brachten ihm auch nicht viel bei der Wehr. Der Igel hatte zu allem Überfluss auch noch einen Peiniger, den Luchs Herr Ylvie, der ihm immer sagte, wie klein und putzig er doch war. Er machte Witze über seine Größe und den Stacheln – obwohl Eugen jedoch stets freundlich zu ihm gewesen war. Er hatte gelächelt und versucht mitzulachen. Doch selbst für ihn wurde es nach einer langen Zeit genug. Er entschied sich zurückzuschlagen.

„Hallo Eugen“, grinste der Luchs und schaute auf ihn herab. „Na, wie ist das Wetter da unten? Ich hoffe doch nicht all zu nass?“ Er spuckte auf ihn herab, dass es wie ein dicker Regentropfen auf den kleinen Igel fiel. Verärgert schüttelte er sich, um den Speichel von sich zu haben. Das war ja vielleicht ekelhaft!

„Guten Tag, Herr Ylvie. Bitte lasst es, es ist widerwärtig. Wie ist denn das Wetter da oben?“, erwiderter Eugen schnippisch. Beleidigt ging der Luchs weiter. Eugen sah ihm nach und arbeitete schon an einem Plan, wie er es ihm heimzahlen konnte. Er hatte gesehen, wie Jäger anderen Tieren Fallen gestellt hatten und entschied sich, es ihnen gleichzutun. Mit viel Mühe und einem guten Freund grub er die ganze Nacht ein sehr tiefes Loch und legte Äste und Blätter darüber, um es zu verstecken. Das nächste Mal, wenn Herr Ylvie hier lang gehen würde, wir er in das Lochen fallen und nicht mehr wieder herauskommen. Er würde Eugen um Hilfe bitten, doch diesen Gefallen würde er ihm erst dann tun, wenn er sich entschuldigen und versprechen wird, dass er ihn nie wieder piesacken wird.

Am nächsten Tag spazierte der Luchs durch den Wald, als er wieder dem Igel begegnete. „Guten Tag, Eugen“, begrüßte der Luchs ihn. „Wie gehts da unten so?“

„Einen schönen Tag, Herr Ylvie. Ich habe etwas für Sie. Ein Geschenk. Wollen Sie es haben?“

„Ein Geschenk? Für mich? Oh, das ist aber lieb.“ Herr Ylvie ging weiter und fiel in die Grube. Wie vorhergesehen, bat der Luchs Eugen ihm herauszuhelfen. Der weigerte sich aber. „Ach, ich weiß nicht so recht“, meinte er und wog den Kopf hin und her. Er musste an all die Male denken, bei denen der Luchs ihn ausgelacht, beschimpft, gepiesackt und verschmäht hatte. Da stieg ihm die Wut in den Kopf, bis es kochte. Eugen ging an den Rand des Loches und schaute herablassen den Luchs an.

„Wie ist denn das Wetter da unten? Ich hoffe, es regnet nicht“, sprach er. Es lag Wut in der Stimme und verächtlich spuckte er ihm auf den Kopf. Das tat vielleicht gut! Der Luchs konnte von seiner eigenen Medizin kosten und ruhig noch eine lange Zeit im Loch schmoren.

Vergnügt ging der Igel davon.

© Liane Ewert 2023-05-21

Genres
Humor& Satire
Stimmung
Komisch, Reflektierend
Hashtags