von Ulrike Sammer
Südlich vom Dorfe Saifnitz in Kärnten erhebt sich ein Berg, auf dessen Gipfel heute die Wallfahrtskirche Maria Luschari steht. Sie ist nur einen Katzensprung von der Grenze zu Italien entfernt.
Damit eine Legende zum Leben erwachen kann, ist ein magisches Umfeld notwendig und dieser heilige Berg ist ein solcher Ort. Hier entstand die berühmte Legende über den Bau der Wallfahrtskirche Maria Luschari. Diese besagt, dass 1360 ein Schafhirte seine Schafe auf dem Berggipfel, wie im Gebet auf ihren Vorderbeinen „kniend“ vor einem Busch entdeckte, wo er dann eine hölzerne Statue der Muttergottes mit dem Jesuskind fand. Verwundert beschloss er die Statue dem Dorfpfarrer zu bringen, aber die Statue kehrte ganze dreimal auf wundersame Weise auf den Berg zurück. Der Pfarrer hielt es für angemessen dem Patriarchen von Aquileia diesen Vorfall zu melden und dieser ordnete den Bau der Wallfahrtskirche an.Aus dieser kleinen graziösen Kirche steigen die Gebete seit damals hoch hinauf zum Himmel und verlieren sich zwischen den stillen Berggipfeln des Kanaltals.Mit einer Gondelbahn für die Skifahrer einer neu ausgebauten Piste konnten mein Mann und ich bis ganz hinauf fahren. Daneben liegt auf einem schmalen Bergrücken zwischen zwei Gipfelkreuzen die berühmteste Wallfahrtskirche der Ostalpen. Darunter gibt es nur Platz für ein paar Gasthöfe und Herbergen. Sogar an diesem normalen Wochentag gab es viele Pilgergruppen, die zu Fuß den Monte Lussari bestiegen hatten. Wir erlebten eine Messe nach der andern mit Segen in italienischer, slowenischer und deutscher Sprache und mit wunderbaren Gesängen der verschiedenen Gruppen.
Ich weiß, man darf einen etwas sonderbaren Menschen nicht anstarren, aber ich konnte meinen Blick von einer andächtigen Frau mit völlig behaartem Gesicht nicht abwenden…
Seit vielen hundert Jahren pilgern die drei Völker, die hier aufeinander treffen, auf den 1790 m hohen Berg hinauf. Etliche Wunder sind hier geschehen. Die hohe Konzentration dieser Frömmigkeit war nahezu zu greifen.
Völlig unerwartet traf mich eine sonderbare und völlig ungewohnte Gemütsbewegung. Ich war so berührt, dass mir die Tränen über das Gesicht rannten.
Ich beruhigte mich erst, als wir zum Gipfelkreuz hinaufstiegen. Oben sieht man weit auf allen Seiten in die umliegende Bergwelt.Die Julischen Alpen waren viele Jahrhunderte lang die berggewordene Grenze zwischen romanischen, slawischen und germanischen Völkern. Die früher häufigen kriegerischen Auseinandersetzungen sind mittlerweile dem Frieden gewichen. Heute sieht man die Berge der Julischen Alpen nicht mehr als trennende Elemente, sondern vielmehr als Verbindungsglieder zwischen diesen sehr verschiedenen Kulturen. Als Wahrzeichen dieser Völkerverbindung gilt Maria Lussari (oder Luschari).
© Ulrike Sammer 2022-08-05