von Micaela Hemesath
Der Fernostflug dauert drei Wochen insgesamt. Der erste Layover ist in Delhi, fünf Tage. Von diesem faszinierenden riesigen Land möchte ich mehr sehen. Schnell ist ein Flug gebucht nach Khajuraho im Zentralindischen Bundesstaat Madhya Pradesh. Mit mir fliegen ein schwuler, tuntiger Steward und eine zickige Kollegin. Man kann nicht alles haben! Während ich mit dem Kollegen lachen kann und er gerne den Kavalier spielt, ist Madame echt nervig. Essen will sie nichts Einheimisches und hat sich deshalb einen beachtlichen Vorrat an Bananen und Cola zugelegt.
Mit Indian Air kommen wir sicher ans Ziel und dampfige Hitze umschlingt uns beim Aussteigen. Das Hotel ist einfach und ich freue mich auf unser Sightseeing Programm. Ein klappriges Taxi mit dröhnender indischer Musik bringt uns zur Tempelstadt mit erotischen Figuren in Sandstein gehauen. Schluck, da gehen einem schon die Äuglein über bei den verschlungenen Leibern, den nackten Figuren mit grossen Brüsten und extrem langen Penissen. Alle Stellungen die nicht einmal die Fantasie mehr produziert, inklusive Sodomie, lässt mich staunend, die Filmkamera auf scharf gestellt, die Tempelanlage umrunden. Haben die Inder alle eine artistische Ausbildung? Das Kamasutra ist dagegen noch Micky Maus.
Die vielen Eindrücke, die Hitze, wir fahren zurück ins Hotel. Der Abend bietet ein einfaches Restaurant mit fantastisch schmackhaftem Essen. Es wird mit den Fingern gegessen und die rote scharfe Soße rinnt mir bis zum Ellenbogen. In Einer Nische steht aber ein Waschbecken und ich kann alle Rinnsale beseitigen. Die Kollegin isst trockenes Fladenbrot und schaut gequält. Warum ist die zur Fliegerei gegangen? Nur um ihren Bikinibody am Pool herzuzeigen? Nein, wir werden nicht warm miteinander wir zwei. Zimtzicken sind mir ein Gräuel!
Am nächsten Tag möchten wir die Gegend zu Fuß erkunden und werden von eher bäuerlichem Treiben umfangen. Keine Bettler, so wie in den großen Metropolen Delhi und Bombay, (heute Mumbai), fröhliche Kinder, die hinter uns Herlaufen, es gibt kaum Touristen. In dem Gewusel steht etwas abseits ein ehemals schöner großer Palast. Heute etwas heruntergekommen, die Pracht kann man aber noch erahnen. >Palm Reading< lese ich auf einem kleinen Schild. Na das machen wir! Es empfängt uns ein älterer Herr in weißen Gewändern, der Maharadscha himself. Wir nehmen Platz, werden von einem Diener sofort mit Tee bewirtet und der weise Alte nimmt der Reihe nach unsere Hände und erzählt uns etwas aus dem Vorleben und der Zukunft. Sehr beeindruckend und berührend. Mein zart besaiteter Steward fängt heftig an zu schluchzen. Es war das Vaterthema, was ihm unterbreitet wurde und wohl genau gestimmt hatte. Der Arme, ich nahm das zitternde Etwas in die Arme und beruhigte ihn wieder. Was man alles lesen kann aus den Händen! Jahre später habe ich mir Grundkenntnisse angeeignet. Spannend, alles ist in allem sichtbar!
Auch heute denke ich manchmal an seine Prophezeiungen.
© Micaela Hemesath 2021-01-23