von Ulrike Sammer
Wir (mein Bruder und ich) waren froh, dass wir an diesem ĂŒberaus heiĂen Tag ein kĂŒhles Ziel hatten: dem Morovsky Kras, zu deutsch den MĂ€hrischen Karst. Er ist das bedeutendste Karstgebiet von Tschechien, nördlich von BrĂŒnn. Die Kalksteine aus der Devonzeit (350 bis 380 Millionen Jahre alt) erstrecken sich in einem bis 30 km langen und bis 6 km breiten Streifen.
Wir fuhren mit einem BĂ€hnchen bis zum Eingang der groĂartigen Tropfsteinhöhle. Dann mussten wir in Boote umsteigen und fuhren sehr lange auf einem engen Bach. Wir kamen in einen riesigen Dom und sahen eindrucksvolle Tropfsteine. Dieser Hauptdom ist der gröĂte unterirdische Saal des MĂ€hrischen Karstes, der wegen seiner fabelhaften Akustik auch als Konzertsaal genutzt wird. In einer der Höhlen wurden vermutlich einst Rituale abgehalten. Man fand eine Anzahl von Tierknochen. Von einer Höhle, die der Grund der Macocha-Schlucht ist, konnten wir die senkrechten, 138 m hohen WĂ€nde hinauf sehen. Zu diesem Zeitpunkt wussten wir noch nicht, dass wir bald darauf, diesen eindrucksvollen Blick von oben herunter machen wĂŒrden. Als wir wieder den Booten entstiegen waren, gingen wir nach einem kurzen Gehweg zu einer Gondelbahn, die uns in der Macocha-Schlucht hinauf brachte. Der Blick vom Aussichtpunkt nun in die Untiefe (in der wir vorher waren) war schwindelerregend. Die Macocha-Schlucht entstand durch den Einsturz der Decke einer groĂen Tropfsteinhöhle. Ihren Namen (Macocha = Stiefmutter) erhielt die Schlucht einer Legende nach, die besagt, dass einst eine böse Stiefmutter des Erbes wegen ihren Stiefsohn loswerden wollte. Daher lockte sie ihn in den Wald und stieĂ ihn in die Schlucht. Von Gewissensbissen ĂŒbermannt, stĂŒrzte sie sich jedoch anschlieĂend selbst in die Schlucht.
Der höchste Punkt des Karstplateaus liegt auf 613m. Die Kraft des Wassers schuf im Gebiet des Karstes eine Vielzahl von Formenelementen. Die meist trockenen, canyonartigen TĂ€ler sind bis zu 150 m in das Kalkplateau eingeschnitten. Auf den HochflĂ€chen finden sich die fĂŒr den Karst charakteristischen Dolinen. Die FlĂŒsse und BĂ€che verschwinden zum Teil einfach im Untergrund und kommen anderswo wieder ans Tageslicht. Im gesamten Karstgebiet sind heute mehr als 1100 Höhlen bekannt. Die gröĂte im Höhlensystem hat eine GesamtlĂ€nge von 30 Kilometern. Damit gehört der MĂ€hrische Karst zu den bedeutsamsten Karstgebieten Europas. Er wurde schon frĂŒhzeitig fĂŒr den Tourismus erschlossen. Bereits am Anfang des 20. Jahrhunderts wurden erste Schauhöhlen eingerichtet. Heute sind vier Höhlen fĂŒr Besucher zugĂ€ngig.
Nach einem deftigen Imbiss in luftiger Höhe fuhren wir mit der Gondelbahn wieder hinunter. Unten entdeckten wir einige VerkaufslĂ€den mit den gefĂŒllten Oblaten, die ich so gerne esse und die man nur in Tschechien kaufen kann. Ich âmussteâ mich eindecken und gedachte auch einiger Mitbringsel
© Ulrike Sammer 2021-08-09