von Erika Eck
Jedes Kind kommt irgendwann in die Trotzphase, die sich dann zwischen 2. und 4. Lebensjahr hinzieht. In dieser Phase versucht sich das Kleinkind gegen die Erwachsenen durchzusetzen, will Unsinniges unbedingt durchbringen oder beim Einkaufen etwas haben, was die Eltern nicht kaufen wollen! Das Kräftemessen beginnt, das Kind versucht sich zu behaupten und alles Zureden fruchtet nicht, ablenken zerrt an den eigenen Nerven und viele junge Mütter sind mit ihrem trotzenden Kind heillos überfordert und wissen sich oft nicht zu helfen.
Wehe, wenn man dann die eigenen Nerven wegschmeißt oder um des Friedens willen nachgibt! Das Kräftemessen könnte dazu führen, dass aus dem Kind ein kleiner Tyrann wird, Argumente helfen in so einer Situation meist nicht, nur Ablenkungsmanöver fruchten!
Auch mein Sohn Hannes durchlebte die Trotzphase sehr stark und ich mit ihm mit!
Wenn er sich in den Kopf setzte, er müsste bei einem halben Meter Schnee auf der Straße mit seinem „Dreiradler“ fahren, dann halfen keine Argumente, es half kein Ablenkungsmanöver, er musste das Fahren im Schnee ausprobieren. Natürlich rutschten seine Reifen durch, er kam nicht weiter und er brüllte, brüllte, brüllte…… Ich ließ ihn gewähren, bis er müde wurde und sich leichter ablenken ließ!
Eine Begebenheit war für die ganze Familie so prägend, dass wir noch viele, viele Jahre später immer wieder davon redeten. Der Satz wurde zu einer stehenden Phrase: „Ich will zum Mittelpunkt der Erde!“
Irgendwo hatte der kleine Hannes aufgeschnappt, dass die Erde eine Kugel sei und man eigentlich – theoretisch – diese Kugel durchbohren könnte oder so lange graben müsste, dass man dabei auch zum Mittelpunkt der Erde käme, und genau zu diesem wollte unser Hannes!
Er holte sich seine Spielzeugschaufel und begann zu graben, musste aber sehr bald einsehen, dass er ein schier unmögliches Unterfangen begonnen hatte. Eine Zeit lang mühte er sich ab, dann feuerte er sein Werkzeug auf die Seite und schrie aus Leibeskräften, wir sollten ihm helfen, denn er wolle zum Mittelpunkt der Erde! Wie schon gehabt, half alles ablenkende Zureden nicht, Hannes wollte sich durchsetzen und durch das Schreien schwanden seine Kräfte immer mehr. Als er endlich seine letzten Schluchzer gemacht hatte, erklärten wir ihm anhand von Bildern und Zeichnungen, was es mit dem Mittelpunkt der Erde auf sich hatte und wie tief er hätte graben müssen. Hannes beruhigte sich einigermaßen und hatte bald seine Aktion vergessen, denn er wandte sich anderen Vorhaben zu.
Aber wir, als Erwachsene, knabberten noch lange an diesem Projekt unseres Kindes und auch die Großeltern, die Zeugen dieses Vorhabens gewesen waren, vergaßen den Plan ihres Enkelkindes nicht so schnell.
Und immer, wenn jemand eine undurchführbare Aktion plant, wird er selbstverständlich geneckt: „Du willst wohl zum Mittelpunkt der Erde?!……“
© Erika Eck 2021-07-09