Der Nebelwanderer 1

Sonja Ezold

von Sonja Ezold

Story

Kapitel 1

Jetzt beginnt die Zeit der Düsternis, die grauen milchigen Schleier ziehen durch die Täler. Der trübe, alles verschlingende Dunst zwischen Dunkelheit und Tageslicht. Dies ist die Stunde des Wesens, welches die Menschen mit Grauen erfüllt. Es winden sich viele mysteriöse Geschichten um dieses Wesen. Keiner weiß, wo es herkommt, keiner weiß, wo es hingeht, wenn der Nebel verschwindet. Man erzählt sich, es sei im Nebel zu Hause, es würde mit ihm ziehen, es brächte das Böse und Unheil. Niemand will ihm begegnen. Wenn leise und ohne Vorwarnung die Nebelschwaden aus den Flüssen, Bächen und Seen kriechen, wenn Moore und Heiden im Dunst verschwinden, dann bricht die Stille herein. Kein Mensch, zumindest keiner der die Sagen kennt, würde freiwillig sein sicheres Heim verlassen. Die Menschen gaben von Ort zu Ort weiter das, dass Grauen Einzug hält, wenn der Nebel steigt. Die Erzählungen über Reisende die vom Nebel überrascht wurden, sind allesamt furchteinflößend und ohne gutes Ende. Doch weiß niemand der Dörfler genau wie das Wesen ausschaut, oder wie es klingt, man kann nur spekulieren. Dennoch traut sich niemand des Volkes nach draußen, wenn die Zeit des Nebels anbricht. Silvie ein kleines Mädchen im Walddorf beheimatet, sitzt am Fenster, die Rosa gefärbten Wangen dick aufgeblasen, starrte sie aus dem Butzenfenster in die trübe Dunkelheit. Entrüstet entließ sie die Luft aus ihren Backen, was zur Folge hatte, dass die Scheiben anliefen. Die kleinen Augenbrauen zogen sich in dem Gesichtchen noch mehr zusammen, nun erkannte sie gar nichts mehr. Sie versuchte mit dem Ärmel des Pullovers die Scheibe wieder freizubekommen, dennoch war nicht das geringste zu erkennen. „Der Nebel ist jetzt so dicht, Mami, ich sehe nicht mal mehr die Tanne in unserer Einfahrt.“ Die Mutter blickte von ihrer Stickarbeit auf, schaute zum Kinde Richtung Fenster und wurde mit einem Male nervös. Sie legte fahrig das Stickzeug beiseite stand auf und ging Richtung Tür. Sie nahm den Holzriegel der über die ganze Tür reichte und hob ihn in die zwei dafür vorgesehenen Metallösen. Sie prüfte ob dieser Riegel gut saß, erst dann wandte sie sich wieder zum Kinde. „Silvie komm jetzt vom Fenster weg, mach dich nützlich. So wickel mir die Wolle zum Knäuel. Für den Winter werden wir Sie Brauchen. “ Das Mädchen warf noch einmal einen Blick aus dem Fenster, da eh nichts zu sehen war, zuckte sie mit den Schultern, wandte sich um und nahm sich die Wollstränge aus einem Weidenkorb. Diese warf sie über die Stuhllehne, zog sich einen Schemel heran und begann die Wolle zum Knäuel zu wickeln. Die Mutter indes, versuchte sich weiter ihrer Stickarbeit zu widmen, allerdings wollte ihr das nicht so recht von der Hand gehen, immer wieder stach sie sich mit der Nadel. Den Blick zum Fenster gewandt beschlich sie ein beklemmendes Gefühl. Sie dachte an die Geschichten die man sich erzählte, die Gänsehaut die man davon bekam. Sie hoffte, dass ihr Gatte nicht ausgerechnet heute die Heimreise antrat. Wenn er am Morgen aufgebrochen wäre, müsste er genau in dieser Stunde eintreffen. Sie betete das dies nicht so war, der Nebel war dieses Mal besonders dicht. Sie versuchte sich zu beruhigen und ihre Gedanken in eine andere Richtung zu zwingen, so recht wollte es nicht gelingen.

© Sonja Ezold 2023-06-11

Genres
Science Fiction & Fantasy
Stimmung
Abenteuerlich, Mysteriös