Am Karfreitag haben mein 94-jĂ€hriger Schwiegervater und ich wieder den traditionellen Osterzopf fĂŒr das groĂe Fest gebacken. FrĂŒher, als meine Schwiegermutter noch lebte, haben die zwei immer die Striezel fĂŒr uns hergestellt, sodass fĂŒr mich der Germteig immer ein groĂes Backgeheimnis blieb. Nach dem Tod meiner Schwiegermutter wurde ich von meinem Schwiegervater in das Mysterium Striezel eingeweiht, weil er die Tradition in unserer Familie zu Ostern weiterfĂŒhren wollte. So verbringen wir am Karfreitag sehr viel Zeit in der KĂŒche, denn der Germteig braucht viel Aufmerksamkeit.
Die trockenen Zutaten, wie Mehl, Zucker und Germ werden gut vermischt, dann kommen Milch, Eier, Vanillezucker, Butter, Salz, Zitronenschale und Rum dazu. Das Kneten des Teiges im âWandlâ erfordert viel Kraft, damit eine geschmeidige Masse entsteht. AnschlieĂend muss er âgehenâ. Da wurde er von uns ins Bad verfrachtet, denn dort ist es warm, damit er sich verdoppeln kann. Nach einer guten Dreiviertelstunde wird er wieder sorgfĂ€ltig durchgeknetet und dann kommt er nochmal ins Bad. Das zweimalige âGehenâ macht die Masse sehr viel feiner.
Das ganze Procedere, bis es dann endlich ans Backen geht, ist wirklich sehr zeitaufwĂ€ndig, aber dann wird der Teig endlich in drei StrĂ€nge geteilt, die dann sorgfĂ€ltig zu einem Zopf geflochten werden. SchlieĂlich wird er noch mit Ei bestrichen und wir verfeinern ihn mit MandelblĂ€ttchen. Manche Leute nehmen statt MandelblĂ€ttchen Hagelzucker. Auch diese Variante schmeckt köstlich. Die Backzeit betrĂ€gt ungefĂ€hr 45 Minuten, wobei nach wenigen Minuten der Duft durchâs ganze Haus zieht und die Nasen erreicht. Jeder schnuppert und möchte sofort ein StĂŒck von dieser Köstlichkeit kosten! Der Germteig bringt den Vorteil, dass er viel flaumiger und saftiger ist und dass er sich viel leichter als ein Brotteig formen lĂ€sst.
Der dreistrĂ€ngige Zopf ist das Symbol fĂŒr die Dreifaltigkeit, nĂ€mlich Vater, Sohn und Heiliger Geist und zeigt damit, wie eng Menschen mit Gott verbunden sind. Die Herkunftsgeschichte des Osterzopfes beruht auf einer Legende. So opferte vor langer Zeit eine Frau ihrem verstorbenen Mann ihren Haarzopf und legte ihn mit ins Grab. Diese Tradition wurde von den Witwen gepflegt. Aus diesem Brauchtum entwickelte sich im Laufe der Zeit die Geste, dass anstelle des Haarzopfes dieses feine ZopfgebĂ€ck als Grabbeigabe diente und dem Verstorbenen als Wegzehrung dienen sollte.
Am Ostersamstag wird der Osterzopf in den Korb zu Schinken, Kren, OsterwĂŒrsteln, Rinderzunge, Eiern, Salz und Blumen gelegt. Die bestickte Weihkorbdecke bildet den Abschluss, um dann bei der Fleischweihe gesegnet zu werden.
Danach beginnt das Fastenbrechen bei der traditionellen Osterjause, da wird dann der Osterzopf mit den Köstlichkeiten genossen. Die Fastenzeit hat endlich ihr Ende gefunden und das fröhliche Beisammensein bei einer zĂŒnftigen Jause erfreut die Herzen. Die Tradition, den Osterzopf fĂŒr die Osterjause selbst herzustellen, lĂ€sst unsere Familie das Osterfest und damit das neue Leben gebĂŒhrend zu feiern!
© Christine BĂŒttner 2025-04-19