von Dean Adams
„Robin ist ganz anders als Klaas“, schrieb sie an diesem Abend in ihr Tagebuch, „er trainiert viel häufiger. Aber nicht nur seine Statur ist irgendwie anziehender, sondern auch seine Art. Immer wenn er mit mir redet, werde ich das Gefühl nicht los, er interessiert sich wirklich für mich und möchte nur mit mir allein sein. Klaas hat sich schon länger nicht wirklich interessiert gezeigt. Sicher, wir haben momentan so viel zu tun, aber auch wenn wir Zeit zu zweit haben, wäre es mir lieber, Robin oder zumindest unsere Freunde wären dabei. Ich bin mir nicht einmal mehr sicher, ob ich Klaas überhaupt noch liebe. Wir sind schon so lange zusammen, doch weiß ich nicht, ob sich unsere Beziehung abgenutzt hat. Ich könnte es ihm nicht einmal erklären, aber Liebe würde ich das, was ich noch für ihn übrighabe, nicht gerade nennen. Er wäre aber am Boden zerstört!“
Johanna schwärmte ihren engsten Freunden immer wieder von Robin vor, ohne dabei zu erwähnen, dass es viel mehr als eine Schwärmerei sein könnte. Sie hätten sie verurteilt, schließlich war sie schon seit Jahren mit Klaas zusammen und wollte das alles nicht wegen eines Flirts aufs Spiel setzen.
Vorsichtig tastete sie sich an Robin heran. Wenn er eine Freundin hätte, oder jemanden treffen würde, müsste sie ihre festgefahrene Beziehung nicht unnötig gefährden. Ob das so schlau war, konnte sie nicht sagen, doch war ihr Klaas‘ Zuneigung immer noch lieber, als niemanden mehr zu haben. Ihre Freundinnen und Freunde hätten sich nach der Trennung eh auf seine Seite gestellt, dachte sie. Für sie gab es eindeutig zu viel zu verlieren.
Doch je häufiger sie mit Robin schrieb oder sich mit ihm unterhielt, stiegen ihre Gefühle für ihn und ihr schien es zunehmend egal zu werden, dass sie schlussendlich ohne Freunde dastehen würde. Sie konnte nicht länger an Klaas festhalten, nur um ihn zu schonen. Früher oder später musste sie ihm die Wahrheit gestehen. Anders hätten Robin und sie niemals eine Chance haben können.
Wann der richtige Moment kommen würde, wusste sie auch nicht, doch mit jedem Tag, der verstrich, ohne dass sie darüber sprachen, wurde die Situation heikler. Es dauerte nicht lange bis Klaas misstrauisch wurde. Doch sie traute sich noch immer nicht, mit ihm zu reden. Nicht jetzt! Wie oft sie den perfekten Augenblick aufschob, nur um noch ein wenig an der Vergangenheit, der schönen Zeit mit Klaas, sie mochte ihn ja nach wie vor noch, festhalten zu können, war ihr selbst ein wenig peinlich.
„Jetzt oder nie!“, sagte sie zu sich, als sie die Tür zu ihrer gemeinsamen Wohnung öffnete. Es war verdächtig ruhig und etwas zögerlich schlich sie durch den Flur bis ins Schlafzimmer. Auf dem Bett saß ein vollkommen aufgelöster Klaas, der damit beschäftigt war, sich die Tränen aus dem Gesicht zu wischen. Neben ihm lag Johannas Tagebuch. Sie musste kein Wort mehr über Robin verlieren und der perfekte Augenblick es zu erzählen würde jetzt definitiv nie wiederkommen.
© Dean Adams 2021-06-16