Ich sitze in einem Straßencafé in der Fußgängerzone in Eisenstadt. Bei einer Melange und einem Glas Wasser. Mit Blick auf die vorbeigehenden Menschen, die ihre schwere Wintergarderobe abgelegt haben und frühlingsleicht angezogen sind.
Ein zarter Windhauch streift zärtlich meine Haare. Die Sonne scheint mir mitten ins Gesicht. Es duftet nach Kaffee.
Ein Frühlingstag, geschaffen, das Leben zu spüren, genießen und zu feiern. Trotzdem. Trotz der schrecklichen Bilder und Nachrichten in den Medien, die von Krieg, Zerstörung und Auslöschung der Menschheit sprechen. Ich hole mich mental in das Hier und Jetzt und genieße den Augenblick. Mit allen Sinnen sehen, hören, riechen, fühlen, schmecken.
Es riecht nach Frühling. Eine unbestimmte Sehnsucht liegt in der Luft, zum Greifen nah und doch nicht zu fassen, wenn meine Hand sie festhalten will. Flüchtig wie die Zeit, die unaufhaltsam in die Vergangenheit rinnt. Mein Blick auf die große Uhr, deren Zeiger sich weiter, immer weiter bewegen. Eine Standuhr mitten in der Fußgängerzone, von meinem Platz aus gut sichtbar.
Rings um mich Stimmengewirr. Es sind Jugendliche, die Englisch sprechen. Ihr unbekümmertes Lachen sprüht vor Lebensfreude.
Sonst ist es angenehm ruhig hier. Kein Autolärm stört die entspannte Atmosphäre, die mich umgibt wie ein schützender Kokon. Die schwermütigen Gedanken werden leiser, ziehen sich zurück in tiefere Schichten meines Unbewussten. Die Traurigkeit in mir schmilzt in der Sonne. Ein Funken Lebensfreude blitzt in mir auf, genährt von der Strahlkraft der Sonne, die aus dem Funken ein wärmendes kleines Feuer macht. Ein Feuer, das nicht nur wärmt, sondern auch reinigend wirkt. Ich werfe meinen imaginären inneren Ballast in die Flammen, die größer und mächtiger werden, die abgenutzten Gedanken erfassen und zu Rauch werden lassen, der aufsteigt und in den Kreislauf der Natur eingeht.
Irgendwo schlägt eine Kirchturmuhr zweimal. Zwei Uhr ist es also. Der Tag schreitet voran. Ich nehme den letzten Schluck von meiner Melange, die inzwischen kalt geworden ist. Ich bleibe noch sitzen bei meinem Glas Wasser und tanke Sonne, die mir in das Gesicht scheint. Energie durchströmt mich, heilsame, belebende Energie, die »das Prinzip Hoffnung« Wirklichkeit werden lässt. Erlebbar, fühlbar, mehr als der vielversprechende Titel eines trockenen philosophischen Buches, das ich immer lesen wollte, aber doch nicht gelesen habe und in diesem Leben auch nicht mehr lesen werde.
Meinen Lesestoff wähle ich sehr sorgfältig aus. Wenn ein Buch meine Lebenswirklichkeit nicht berührt, höre ich auf zu lesen und bringe es zu einem öffentlichen Bücherschrank. Irgendjemand kann damit vielleicht mehr anfangen als ich.
Ich suche das Leben nicht in Büchern, ich suche es in der real mich umgebenden Welt. Ich sammle schöne Erlebnisse, Begegnungen mit real existierenden Menschen. Augenblicke, die ein fernes Ahnen von Glück und Liebe in sich tragen und mich innerlich wärmen.
© Ulrike Puckmayr-Pfeifer 2025-03-25