von Tanja Bräuer
Im Park …
Mann was für ein Stress dabei war es nicht einmal elf Uhr vormittags und der Schweiß sammelte sich schon jetzt in seinem Hemdkragen. Das würde ein langer, anstrengender Arbeitstag werden. Es war über dreißig Grad heiß und die Sonne stach vom blauen, wolkenlosen Himmel.
Da wünschte er sich nichts sehnlicher, als ein schattiges Plätzchen, einen Liegestuhl und ein kühles Bier in der Hand. Aber dafür hätte er seinen Eisstand schließen und sich Urlaub nehmen müssen, undenkbar für ihn, denn er brauchte das Geld.
Vor dem Eisstand …
Die Schultern bis zu den Ohren hochgezogen, den Kopf gesenkt und schniefend. Der Eismann beobachtete das Schulkind schon fünf Minuten lang. Die Niedergeschlagenheit erschwerte augenblicklich sein Herz. »Wie wäre es mit einem Eis?« Das Kind sah auf, unter den geröteten Augen und der ebenso roten Nase, die vom ständigen Naseputzen herrührte, kehrte das Strahlen zurück.
Was der Eismann hingegen nicht wusste, war, dass das Kind an Legasthenie litt und zum wiederholten Mal einen Deutschtest vermasselt hatte. Aber die Worte des Eismannes drängten dieses Resultat für einen kurzen Moment in den Hintergrund.
Es freute sich lediglich, über die Tatsache ein Eis zu genießen.
Genau das war es, dieses aufrichtige Lächeln bewegte, berührte ihn tief in seinem Inneren. Und da wurde sich der Eismann bewusst, was für einen Schatz, welches Privileg ihm zuteil wurde. Was brachte es schon, jede Münze zweimal umzudrehen, bevor man die Möglichkeit hatte sich einen Urlaub zu leisten, wenn man durch seinen hart erarbeiteten Lebensunterhalt eines der wertvollsten Dinge auf der Welt erhielt. Ein Strahlen puren Glücks.
Und er war froh darüber, dass er dieses Lächeln in das Gesicht des Kindes gezaubert hatte und dadurch dessen Tag verschönern konnte, denn andere träumten ihr Leben lang davon, ein derartiges Strahlen bestehend aus purer Freude zu sehen und zu erhalten.
© Tanja Bräuer 2021-08-08