An Neujahr, immer wenn der schwarze Kater Sylvester mit gesträubtem Haar auf seinem gestreckten Buckel um unsere Köpfe streicht, lassen Herr Paul Schmitt und ich die Gläser ein letztes Mal erklingen. Ganz nah sind wir uns in diesem Moment und in tiefer Verbundenheit flüstern wir uns wilde Versprechungen ins Ohr. Ja, unsere Zukunft soll in neuem Kleid erstrahlen. Da tippt mir jemand auf die Schulter. Zu Tode erschrocken drehe ich mich um und erstarre augenblicklich. Peter Zweifel! Sein hämisches Grinsen fährt mir durch Mark und Bein. Wie bitte soll ein Kleid erstrahlen, wenn dessen Fülle aus Vanillekipferln, Linzeraugen und Nougatherzen besteht? Ein Rätsel will es mir bleiben, wie weihnachtliche Köstlichkeiten auf die Hüfte hüpfen können, wenn sie doch schon lange vorher auf der Zunge zergangen sind. Was für ein Dilemma!
Energisch nehme ich meinen Vertrauten, Herrn Schmitt an die Hand. Jetzt geht’s ans Eingemachte! Zucker weg, Mehl weg, Butter raus….Sorgenvoll legt Herr Schmitt seine Stirn in Falten und schaut mich mit großen Augen an. Nur keine Angst, mein Lieber, noch heute erledigen wir den Einkauf. Zielstrebig steuert mein guter Freund auf das Garagentor zu. Nix da, ab heute ausnahmslos per Pedes! Vorbei an der Metzgerei, grinsen bösartig knusprige Stelzen, fette Würste und heißer Leberkäs aus der Vitrine. Herrn Schmitt’s Nasenflügel erbeben und aufgeregt trippelt er vor der Eingangstür. Erst nach flehentlichem Bitten gelingt es mir, ihn aus der Gefahrenzone zu zerren. Enttäuscht trottet er hinter mir her. Der Kaffeeduft in der Bäckerei hat nur eins im Sinn: mich an die Theke mit den süßen Stückchen zu locken. Tapfer biegen wir um die Ecke zum Fischer Wolfi. Karotten, Sellerie, Paprika, Brokkoli…alles aus der Region. Immer ist er gut drauf, der Wolfi. Aber sein wissendes Lächeln geht mir langsam auf den Geist. Jetzt reißen wir uns aber zusammen! Der erste Tag unserer körperlichen Verjüngung ist noch nicht vorbei und schon hat sich unsere Laune in ein finsteres Kellerloch verkrochen. Da hab ich eine Idee. Ja, das ist der springende Punkt! Sport setzt Endorphine frei. Diese guten Geister vertreiben jede Lustlosigkeit. Und gleich geht`s los! Herr Schmitt erblasst. Laufen, radeln bis die Knie knacken, und das ohne Landschaft, was für ein Unsinn, raunt Herr Schmitt in mein Ohr. Oh nein mein Lieber, diesmal schaffen Sie es nicht, meine Vorsätze über Bord zu werfen. Po, Beine, Bauch; zwo, drei, vier..zwo drei vier..einmal geht noch..Sehen Sie, Herr Schmitt, hier geht`s um die Wurst! Und jetzt noch nach Hause latschen, oh nein. So hören Sie doch endlich zu meckern auf! Ihre gemeinen Versuche, meine Motivation in den Boden zu stampfen, werden kläglich scheitern. Das Modegeschäft auf dem Heimweg befindet sich gleich neben dem Würstlstand. Welch Ironie! Da reißt Herr Schmitt mit hundert Sachen an der Leine, hilflos stolpere ich hinten nach. Was soll ich sagen? Der Schweinehund hat mich gelenkt, ein Schelm, der Böses denkt!
© Eveline Fischerleitner 2023-01-26