Der Stammgast

KushiroYuro

von KushiroYuro

Story

Es war ruhig in der Bar, kein Gast, nur ein Mann hinter dem Tresen. Er polierte GlĂ€ser. Kurz bevor auf der Uhr die volle Stunde zu sehen war, fing er an, ein frisches, kĂŒhles Bier zu zapfen. Da stand es, an einem Platz am Tresen. Es stand da und wartete. PĂŒnktlich zur vollen Stunde trat ein Ă€lterer Herr in die Bar ein. Er kommt jeden Tag zur selben Zeit in die Bar, setzt sich immer an den gleichen Platz, bestellt immer das Gleiche. Meistens schwieg er, wĂ€hrend er das Bier und die ruhige AtmosphĂ€re genoss. An manchen Tagen aber fing er an zu erzĂ€hlen. Dann hörte der Barkeeper immer mit einem sanften LĂ€cheln zu und auch andere GĂ€ste, die ab und zu dabei sind, unterbrachen den alten Mann nicht. Auch jetzt war es ein solcher Tag. Zuerst betrachtete er das Glas nur schweigend, dann lĂ€chelte er leicht und er fing an zu erzĂ€hlen:

Schon als Kind wollte er ins All. Seine schulischen Leistungen waren alle samt ĂŒberragend. So vergingen die Jahre. Geschafft. Nach Jahren vollen Einsatzes hat er es endlich geschafft, zum Auswahlverfahren fĂŒr ein Astronautentraining zugelassen zu werden. Er kannte sein Können und das Auswahlverfahren sehr gut und wusste, dass er es schaffen kann. Seine Eltern unterstĂŒtzten ihn mit allen Mitteln. Er konnte vor Aufregung kaum schlafen. Endlich war es so weit, der Tag des Auswahlverfahrens. Neben ihm waren noch elf andere Kandidaten anwesend, dies machte ihn doch etwas nervös. Ein MĂ€dchen kam auf ihn zu. Sie war sehr hĂŒbsch. Langes braunes Haar, himmelblaue Augen und ein paar Sommersprossen im Gesicht. Sie wirkte wie eine zarte, zierliche Blume, aber er erkannte ihre Muskeln, auch wenn sie kaum definiert waren, waren sie da und das nicht zu knapp. Sie musste auch was können, wenn sie hier dran teilnehmen darf. Er stand da, musterte sie und bemerkte nicht, dass sie ihn ansprach. Als er es merkte, wurde er rot im Gesicht und entschuldigte sich, da ertönte ein Klingeln und die PrĂŒfer traten ein. Es ging los. Er verabschiedete sich von dem MĂ€dchen und sie versprachen einander, sich danach zu unterhalten. Der Test war, wie erwartet, einfach fĂŒr ihn. Es dauerte einige Wochen, bis die Ergebnisse bekannt gegeben wurden. In der Zeit traf er sich immer öfter mit dem MĂ€dchen. Erst unterhielten sie sich ĂŒber den Test, dann ĂŒber alles Mögliche. Sie kamen sich immer nĂ€her. Sie wurden ein Paar. Die Ergebnisse wurden bekannt gegeben. Sie hatte bestanden, er nicht. Am Boden zerstört ging er nach Hause. Dort erwarteten ihn seine Eltern. Anstatt fĂŒr ihn da zu sein, schlugen sie vor, dass er zum MilitĂ€r gehen solle, seine Talente wĂŒrden dort gut genutzt werden. Man hatte seine Testergebnisse beim MilitĂ€r gezeigt, welches ihn haben wollte, die haben sogar seinen Eltern viel Geld geboten, damit er zum MilitĂ€r geht. Völlig am Boden, enttĂ€uscht und wĂŒtend auf seine Eltern, aber vor allem ohne Ziel, ging er schließlich zum MilitĂ€r. Mit seiner Freundin hatte er ab da nur Briefkontakt. Es vergingen mehrere Jahre, bis er und seine Freundin sich endlich mal wieder fĂŒr lĂ€ngere Zeit sehen konnten. Es war das Wochenende vor ihrer Reise. Sie hatte geschafft, wovon er einst trĂ€umte. Wie viele andere ging er um der Rakete, mit seiner Freundin drin, beim Start zuzuschauen. Der Countdown lief. Dann ein Licht. Dann Feuer. Dann nichts. Fehlstart.

Dem alten Mann liefen TrÀnen hinunter. Leise klirrten GlÀser hinter der Bar. Sonst Stille.

© KushiroYuro 2025-07-08

Genres
Romane & ErzÀhlungen
Stimmung
Emotional, Mysteriös, Sad, Reflective
Hashtags