„Der Staubsauger hat NEIN gesagt“ Teil _01

Georg Rittstieg

von Georg Rittstieg

Story

Ich wollte nur die Yucca gießen. Ehrlich. Und dann roch ich es. Dieses unverkennbare Aroma aus ranzigem Paniermehl und Drama. Ein vergammeltes Fischstäbchen. Schon leicht pelzig. „Nicht mal mehr das frisst der feine Herr!“, rief ich entnervt aus. Die Ratte hob nur müde den Kopf. „Ich esse gar nix mehr. Ich will jetzt sterben!“
Sie rollte sich zusammen und eine einzelne Träne kullerte unter der Sonnenbrille hervor.

Sterben? Meine Ratte, die sonst eine Energie wie zwei hat, will plötzlich sterben? Das konnte nicht angehen. „Herr Rattum, in meiner Bude wird nicht gestorben, damit das mal klar ist!“, pöbelte ich zurück. Leider hatte ich wohl mal wieder den falschen Ton getroffen. Die Ratte wurde nun von Weinkrämpfen geschüttelt und biss mich frech, als ich sie auf den Arm nehmen wollte. „Lass mich in Ruhe sterben. Verpiss dich!“ raunzte er noch und drehte mir den Rücken zu. Na dann, es war offensichtlich Feuer am Dach. Ich sah zu Boden, um nachzudenken. Und was sah ich dort? Zerfetzte Rosen und Blüten. Bei mir lag immer viel herum, aber zerfetzte Rosen irgendwie nicht. Mir schwante was. Der Staubsauger. Ich erinnerte mich, meine ratet ist verliebt. Oh weia.
Prompt kam auch schon die bittere Wahrheit ans Licht. „Sie hat NEIN gesagt!“, schluchzte meine Ratte und vergrub sich in meinen Armen. Jetzt erfuhr ich die ganze Geschichte. Heute Vormittag hatte sich Herr Ratte aus dem Haus geschlichen und bei der alten Nachbarin einen alten vertrockneten Strauß roter Rosen gefladert. Und mit diesem Strauß vertrockneter Liebesblumen ist meine Ratte dann beim Staubsauger angetreten. „Was ist?“, fragte dieser wohl eher genervt. Meine Ratte war komplett aufgeregt, warf dem Staubsauger die Blumen hin und wollte gerade etwas sagen, als dieser gleich weiter nölte: „Ey Digger, soll ich den Scheiß jetzt wegmachen oder was?“. Die Ratte bekam kaum Luft mehr und stotterte los: „Ich…Ich…Ach..Staubersauger, ich bin verliebt in dich!“ Kurz war Ruhe. Der Staubsauger reagierte erstmal garnicht. Und dann gings ab: „Sach‘ ma‘, du fetter Nager, sach‘ ma‘, spannt irgendwie dein Helm, oder was? Wir kennen uns kaum und dann so eine Ansage!! Und morgen heiraten wir dann in der Elbphilharmonie oder wie? VERPISS DICH! Und nimm den Müll mit!“

Die Ratte erklärte mir, dass die beiden sich sehr wohl kannten. Sie hatten schon manchen Fluch ausgetauscht, während sie sich durch meine Bude gearbeitet hatten. Der Sauger saugte den Müll, die Ratte fraß überall irgendwelche Essensreste vom Boden. „Also kennen wir uns sehr wohl! Soll ich jetzt Monate warten bis ich so ehrlich bin, mich verliebt zu haben?“, tränte die Ratte weiter in meine Arme.
Scheiße sagte ich und gab meiner Ratte einen verträumten Kuss ins Fell. „Weißt du das ich dieselbe Scheiße gebaut habe? Monate zuvor?“ Neugierig blickte die Ratte hoch. „Wie kann denn Liebe Scheiße sein??“, fragte sie verwirrt. Weißt du, sagte ich ihr, die Liebe selbst ist nie etwas Schlimmes, aber manchmal sind wir beide im Umgang damit etwas wild. Ich fuhr fort: Es geht immer ums Timing: Seid ihr beide euch schon vertraut, kennt ihr euren gemeinsamen Raum und ist dieser beiden angenehm? Und: Was wolltest du denn wirklich sagen, du weißt schon, deine Gefühlsziele: Wolltest du hören, auch liebenswert zu sein? Wolltest du nie mehr alleine sein? Oder so etwas?

© Georg Rittstieg 2025-05-12

Genres
Romane & Erzählungen
Stimmung
Herausfordernd
Hashtags