von G.F. Stöger
Nach der nächtlichen Evakuierung wegen der Explosion und den darauffolgenden Stunden Schlaf zu dritt im Ehebett hieß es um 8 Uhr Tagwache für Kind Nr. 1 … da hatte ich gerade mal drei Stunden Schlaf intus. Die Tochter hielt es etwas länger im Bett. Um 9.15 Uhr erschien die verschlafene Maus auf der Bildfläche.
Wir waren voll kaputt. Die Stimmung eigenartig. Ich ließ die Kinder zocken, warf mir was über und schaute nach draußen. Vor unserem Haus ein paar Scherben, sonst nix Auffälliges. Die Nachbarn waren auch schon auf. Um vier Uhr hatte ich noch die älteren Ladies neben uns angerufen. Es hatte Licht gebrannt und ich hatte sie in der Nacht nicht gesehen. Es ging ihnen gut, aber sie hatten zerbrochene Fenster.
Inspektion in der Straße: Am Parkplatz schräg gegenüber ein Stück Türrahmen, zwei Häuser weiter Zaun beschädigt durch ein großes Holzbrett. Mittlerweile waren alle auf den Beinen. Die Bewohner gegenüber in Richtung Ruine hatten durchgehend Schäden an Fenstern. Die Wiesen hinter den Häusern waren voll mit Scherben, eine Nachbarin beherbergte nunmehr zwei komplette Fenster im Garten, im Baum der anderen hing ebenfalls ein Fensterrahmenteil. Gespräche, Trost, Erstaunen und Dank beherrschte die eigenartige Situation.
Rein zu den Kindern. Aufbackbrötchen zum Frühstück. Beim Blick aus dem Fenster fällt auf, dass die ehemalige Schule noch Rauchzeichen schickt. 11 Stunden nach der Explosion. Die Feuerwehr löscht Glutnester und dämmt den Staub der Abbrucharbeiten mittels Wasservorhang. Sie waren fleißig gewesen in der Nacht. Der obere Stock ist bereits komplett abgetragen. Der Mittelteil bereits bis aufs Erdgeschoss.
Die Kids wollen fernsehen. Sollen sie doch. Ich setz mich vor die Tür, schreib mir den Schock auf story.one von der Seele. Immer wieder Gespräche und tröstende Worte. Dachdecker, Brandermittler der Polizei und sonstige Fachleute durchstreifen die Straße und Gärten, begutachten die Häuser. Im Bach liegen anscheinend weitere Fenster und Türen.
Ich schnappe mir die zwei und wir machen einen Spaziergang. Mittlerweile scheint die Sonne. Surreal in Kombination mit dem Anblick der Brandruine … wir beobachten die Abbrucharbeiten und weiteren Schaulustigen. Unglaublich der Verkehr. 10x mehr als an einem normalen Sonntag, eher wie Berufsverkehr am Morgen. Verrückt.
Nach der Frischluftrunde wird McDelivery getestet. Es ist 14 Uhr. Wir sind hungrig. Der Nachmittag lethargisch. Es ist eine eigene Stimmung.
Am Abend werden die Nachrichten mit Spannung verfolgt. Vermutlich war es ein Gasleck von Bohrarbeiten. Welch Bewahrung! 3 Leichtverletzte. Schule Totalschaden. Weitere Schäden an Pkw und Gebäuden.
Das Zu-Bett-Bringen dauert heute lange. Reden, trösten und beruhigen. Die Kinder so übermüdet, dass sie nicht einschlafen können. Um 21 Uhr hab auch ich Feierabend. Sogar in die ZiB hat es das Ereignis geschafft. Ich selbst schaffe es Mitternacht ins Bett … zu aufwühlend waren die letzten 24 Stunden.
© G.F. Stöger 2020-10-19