von Franz Brunner
Ich werde mich hĂŒten, heute lustig zu sein. Das Kalenderblatt zeigt den 10. Februar, aus dem Radio schallt’s : Heute ist der Tag der doofen Nuss. Ist doch ein richtiger SpaĂ, oder? Wenn man den Hintergrund kennt, ist’s schon weniger lustig. Die Google-Recherche stellt klar, dass es dabei nicht um den Intellekt einer Ă€uĂerst gesunden Baumfrucht geht, sondern um einen legendĂ€ren BĂŒttenredner des Kölner Karnevals, der sich den KĂŒnstlernamen Doof Noss gab. Ich kann den seltsamen Humor der BĂŒttenredner nicht leiden und den Fasching schon gar nicht.
Und wenn’s mir wer nahelegt, dann will ich mit Sicherheit nicht lustig sein. Ich mag auch keinen Muttertag, da ruf ich Mutter auf keinen Fall an. Am Weltspartag spare ich nicht, da haue ich auf den Putz. Und am Valentinstag mache ich einen Bogen um jeden Blumenladen. Weihnachten gehe ich normalerweise auf ganz sicher und fliege Tausende Kilometer in den SĂŒden, weit weg von Tannenbaum und Schnee. Letzte Weihnachten war’s mir Corona-bedingt nicht vergönnt, ein Trauerspiel zu Hause.
Warum also sollte ich gerade heute lachen? Es ist eisig kalt, Corona schleicht herum, meine Frisur ist im AâŠ. , also nicht salonfĂ€hig. Zudem hat meine Gattin festgestellt, dass ich mit der Abarbeitung meiner To-Do-Liste in Verzug bin. Es missfĂ€llt ihr, dass mir Schreiben momentan derart wichtig ist, dass ich darĂŒber hinaus die normalen Dinge des Alltags vernachlĂ€ssige. Ich sei vertrĂ€umt, geistesabwesend und ĂŒberdies sei meine Körperhaltung vom stundenlangen Sitzen vor dem PC bereits bedenklich. Ich sollte nicht zuletzt der WirbelsĂ€ule zuliebe meine PrioritĂ€ten verlagern und mich intensiver an der Hausarbeit beteiligen. Wiederum also die Frage: Welchen Grund hĂ€tte ich, gerade an diesem Tag zu lachen?
Am Vormittag werde ich mich in die Warteschlange stellen, um einen Corona-Schnelltest zu absolvieren. Was ist bitte daran schnell, wenn ich vorher vielleicht eine Stunde warten muss? LĂ€cherlich, aber nicht zum Lachen. Den Test, vielmehr das negative Ergebnis, das brauche ich unbedingt, damit der ScherenkĂŒnstler dann meinen Haarwuchs bĂ€ndigen darf. Zumindest probieren soll er’s. Wenn’s ihm gelingt, bei dieser Gelegenheit einen Prinzen aus mir zu machen, dann hĂ€tte ich wirklich was zu feiern, da gĂ€be es tatsĂ€chlich was zu lachen.
Es ist 5 Uhr 40 am Morgen, meine Gattin ist vom heftigen Geklimper der PC-Tastatur wach geworden. Vorsichtig öffnet sie die TĂŒr zum Arbeitszimmer, steckt langsam ihren Kopf in den Raum. Das Licht blendet, sie kneift ihre Augen zusammen und grinst mich an. Ich kann nicht anders, es zurĂŒckzuhalten ist unmöglich: Ihre Frisur ist zum Lachen, sogar zum Totlachen. Ihre Federn, StrĂ€hnen und Borsten stehen in alle Himmelsrichtungen. Also doch, am Tag der doofen Nuss muss gelacht werden. Ăbrigens gehen wir in KĂŒrze gemeinsam zum Corona-Test und anschlieĂend getrennt zum Friseur, jeder zum Meister seines Vertrauens. Und dann ist wieder Schluss mit lustig, die To-Do-Liste wartet.
© Franz Brunner 2021-02-10