Der Teufel kommt um viertel vier!

Klaus P. Achleitner

von Klaus P. Achleitner

Story

Es ist später Nachmittag, als der heiß Ersehnte in einem dunkelroten VW Jetta auf den Dorfplatz einbiegt. Dutzende Menschen, Alt und Jung, sind zur Begrüßung unter der Linde angetreten. Ein Mann in seinen besten Jahren, groß, schlank, dichtes Haar mit grauen Schläfen, steigt aus dem Auto, gefolgt von seinem deutlich jüngeren und deutlich unansehnlicheren Gehilfen.

Freundliche Worte, Hände schütteln, Geschenke. Dann werden die beiden Männer in ihr Domizil geführt, ihre neue Wirkungsstätte, den Pfarrhof. Alsbald zeigt man sich erfreut über den ansehnlichen neuen Pfarrer, der so gut und eindringlich predigt. Der neue Kronleuchter für das Kirchenschiff anschafft, auf Glanz und Prunk setzt. Das gefällt.

Doch bald zirkulieren Gerüchte, die mit dem Weltbild gläubiger Menschen schwer in Einklang zu bringen sind. Der Padre und sein Adlatus sollen ein Paar sein. Beide zeigen auffallendes Interesse an jungen Burschen, etwa im Religionsunterricht, wo Buben gestreichelt und Mädchen ignoriert werden.

Ein Riss geht durch die Kirchengemeinde, der sich ausweitet – man ist für oder gegen den Pfarrer. Das Gleiche im seelsorgerisch mitbetreuten Nachbardorf. Der Padre nimmt Spenden, mit denen er sein extravagantes Doppelleben mit Luxusurlauben und Straßenstrichern finanziert.

Eine Delegation spricht beim Bischof vor und ersucht um Abberufung. Doch leider, da könne man nichts machen, alles sehr kompliziert, so spricht seine Eminenz. Immerhin erfährt man, dass die vorherige Gemeinde aus dem Innviertel durch das gleiche Tal der Tränen gegangen ist.

Der pädophile Populist in der Soutane spaltet, hetzt, missbraucht, stiehlt und prasst. Ganze vier Jahre. Erst dann endet der Spuk, der Padre und seine rechte Hand verschwinden über Nacht und hinterlassen tief zerstrittene Gemeinden, traumatisierte Menschen und leere Kassen. Noch Jahre später wird der dunkelrote Jetta vor bestimmten Häusern gesehen, wo sein Besitzer gegen gutes Geld Hausmessen liest.

Die Verbrechen sind das eine, das Schweigen und Decken der Untaten durch Vorgesetzte das andere. Statt ihn aus dem „Verkehr“ zu ziehen, wurde er von Pfarre zu Pfarre weitergereicht. Die Ereignisse liegen über 30 Jahre zurück und sind dennoch brandaktuell. Noch immer hat es die Institution Kirche nicht geschafft, ihr größtes Problem zu lösen.

Der Vorgänger des Padres war ein allseits beliebter Pfarrer, der jedoch nach zwei Jahren schweren Herzens das Amt abgeben musste, weil er sich in eine Frau verliebt und zu ihr gestanden hatte. Der Teufel in der Soutane aber starb friedlich im Ruhestand in einem Kloster bei Altötting. Welch seltsame Moral.

Die meisten Priester machen einen guten Job. Die Kirche hat viele starke Seiten. Aber es besteht Reformbedarf. Demokratisierung, Priesterweihe für Frauen, Zölibat, usw. Würde man diesen Themen so viel Zeit und Energie widmen, wie der Vertuschung und Verharmlosung von Missbrauchsfällen, wir hätten sie längst, die neue Kirche.

© Klaus P. Achleitner 2021-10-15

Hashtags