von Vanessa Hammer
Ich warte am Bahnhof in Landeck. Marco und ich haben ausgemacht, uns hier zu treffen, nachdem wir ein wenig hin und her geschrieben hatten. Wir kannten uns bereits aus der Skischule, in der ich wĂ€hrend meiner Studentenzeit immer mal wieder gearbeitet hatte. Als wir uns das letzte, bzw. erste Mal trafen, waren wir nur schnell einen Kaffee trinken. Das ist ein Jahr her und damals habe ich mich nicht weiter mit Marco auseinandergesetzt. Er war ein netter Typ, aber mehr konnte ich mir damals nicht vorstellen und auĂerdem musste ich doch zurĂŒck nach Hamburg, mein Leben leben.
Jetzt sehe ich, wie er mit seinem Auto zum Bahnhof einbiegt. Ich steige ein und schon geht es los. Es war, als wĂ€re kein Jahr dazwischen gewesen. Wir sind auf dem Weg zu seinem Zuhause, denn er hatte mir erzĂ€hlt, dass vor ein paar Tagen ein KĂ€lbchen geboren war.Marco ist gelernter Zimmermann und arbeitet in der Wintersaison als Skilehrer. Seine Familie hat einen Hof und ein paar KĂŒhe. Der Hof liegt ungefĂ€hr auf 1500m und die StraĂe ist eng und sehr kurvig. Genau das richtige fĂŒr mich (nicht!!!). Oben angekommen betritt Marco das Haus mit einem âHallo! Besuch!â und ehe ich mich versah, landete ich in der KĂŒche zur gemeinsamen Marend (=Brotzeit) mit seinen Eltern.Daraufhin ging es dann in den Stall und ich habe mir Kuh und KĂ€lbchen angeschaut. Marco kam dann noch zu mir und hatte zwei kleine Baby-Ziegen im Arm. Das war so cool.
Ich kam mir aber trotzdem vor wie bei âBauer sucht Frauâ: Erst das Abholen vom Bahnhof, das gemeinsame Essen mit den Eltern und dann die Begutachtung von Haus und Hof. VerrĂŒckt!
Ich hatte meinen Zug zurĂŒck bereits gebucht und so war unsere Zeit begrenzt. Um 19.30 Uhr sollte es schon wieder zurĂŒck nach Innsbruck gehen, wo meine Tante jedes Detail meines Dates erfahren wollen wĂŒrde. Ich bedankte mich bei Walli (Waltraud) und Herbert fĂŒr die Gastfreundschaft und wir verlieĂen das Haus. Im Auto auf dem Weg zum Bahnhof sagt Marco, dass er es schade findet, dass wir nicht noch mehr Zeit haben, um uns weiter zu unterhalten.
Tja, was soll ich sagen. Der Zug ist ohne mich gefahren. Marco hat mir angeboten, mich mit dem Auto nach Innsbruck zu fahren, damit wir noch etwas gemeinsame Zeit haben können. Spontane EinfÀlle sind doch immer die besten.
Auf unserem Weg befindet sich eine kleine âBurgâ auf einem HĂŒgel nicht weit von der Autobahn. Schon als Kind wusste ich, dass es von hier nicht mehr weit war, zu unserem Urlaubsort, wo wir als Familie immer zum Ski fahren waren. Ich erzĂ€hle Marco davon und kurzerhand verlassen wir die Autobahn und fahren der Burg entgegen.
Irgendwann geht es mit dem Auto nicht weiter. Wir parken und gehen das letzte StĂŒck zu FuĂ – im Stockdunkeln und in Begleitung eines Uhu.
Oben angekommen können wir ĂŒber das Inntal blicken und haben den perfekten Ort, um das traditionelle „Scheibenschlagen“ zu beobachten. Wir gehen ein StĂŒck in die Burgruine hinein und ich frage laut: âWo ist denn hier der Schatz?â âDer steht direkt vor mirâ, antwortet Marco.
© Vanessa Hammer 2021-09-19