Der Tod, das muss ein Wiener sein.

Hermann Exenberger

von Hermann Exenberger

Story

Was wäre der Tod ohne das Wienerlied?

Gedanken rund um den Allerheiligen Allerseelentag und seine unsterbliche Beziehung.“ Der Tod, das muss ein Wiener sein“, höre ich noch Georg Kreisler singen. Und vermutlich glauben das die meisten Wiener wirklich. Wie überhaupt „dem Wiener“ ein eigenartig spezieller Umgang mit dem Tod nachgesagt werden kann. Jedenfalls ist es in Wien möglich (es ist für mich erstaunlich) schon zu Lebenszeiten im Wunschsarg Probe zu liegen, bevor man sich für ein Modell entscheidet. Ja, auch eine Grabstelle kann man auf 99 Jahre im Voraus anmieten und natürlich, die Art der Feier lässt sich auch schon planen. Mit dem Zentralfriedhof, auf dem sich circa 330.000 Grabstätten befinden, hat die Stadt Wien einen der größten Friedhöfe in ganz Europa. Mehr als drei Millionen Menschen liegen hier, also um ein Drittel mehr als die Stadt derzeit Einwohner hat.

Wien und der Tod scheinen untrennbar miteinander verbunden. Das schlägt sich in dieser Musikstadt auch im musikalischen Umgang nieder. Die Musikwissenschaftler sagen uns: Es sind nicht sehr viele Wienerlieder, die sich mit dem Tod befassen, gemeinsam ist ihnen allerdings oft der Zugang: Dem Ende wird ironisch und lakonisch begegnet, wirklich ernst genommen wird der Tod nicht.

„Wenn i amal stirb, stirb, müssen mi d`Fiaker tragen und dabei Zithern schlagen, weil i des lieb, des lieb“ sang Helmut Qualtinger.

Roland Neuwirth, der das Wienerlied in den 1970er Jahren mit vielen neuen Impulsen wiederbelebte, hat ein Lied verfasst, das zahlreiche Wiener Ausdrücke für das Sterben versammelt. Die Strottern wiederum begegnen dem großen Sensenmann sehr direkt, sie dichten ihm ein Kind an und lassen ihn lebensmüde über seine Vatersorgen erzählen.

Es gibt auch noch eine interessante Entdeckung: auf einer Wandmalerei im ehemaligen Wiener Wirtshaus“ Zur goldenen Glocke“ ( Schönbrunnerstraße 8) wird dieser entspannte Zugang zum Tod mit in Wien wirkenden Musikerinnen und Musikern, gut gelaunt bei Petrus am Himmelstor dargestellt. Alles, was Rang und Namen hat, wird da von Petrus, mit dem Schlüssel zum Himmel in der Hand, herzlich im Empfang genommen: vom lieben Augustin, Lanner, Haydn, Mozart und Beethoven, Ziehrer, Johann Schrammel, sowie diverse Sängerinnen und Schauspieler, die in Wien populär waren. Im Himmel wird dann natürlich gemeinsam musiziert und getanzt. Ja, der Tod mag ohne das Wienerlied schon sein Auskommen finden, sein Dasein wäre aber um viele Facetten ärmer.

Eine für mich interessante Begegnung, die ich vor einigen Tagen gemacht habe: Ein Mann fragte mich, ob er sich kurz zu mir setzen könne. Ich stimmte zu. Es wäre auch seltsam, jemandem auf einem FRIEDHOF einen Sitzplatz auf einer Friedhofsbank abzuschlagen.


© Hermann Exenberger 2023-11-01

Genres
Humor& Satire, Lebenshilfe