von Markus Grundtner
Das Steuerrecht schreibt keine Thriller. Das Steuerrecht bezeichnet die filmreife Explosion eines Dienstwagens als „außergewöhnliche technische Abnutzung eines Wirtschaftsguts“. Dieses Manko an Spannung schließt kurzweilige Unterhaltung aber nicht aus, etwa bei einem Geplänkel mit dem Finanzamt. Von einem solchen will ich hier und jetzt erzählen.
Alles beginnt damit, dass mein Steuerbescheid des letzten Jahres ein Guthaben ausweist. Damit das Guthaben nicht nur eine Zahl auf meinem Steuerkonto bleibt, beantrage ich eine RĂĽckzahlung. Was dann geschieht, ist, dass nichts geschieht, und zwar monatelang.
Ich frage mich, was das Problem sein könnte. Ich frage mich, warum das Finanzamt bei mir nicht um Fristverlängerung für die Rückzahlung ansucht. Immerhin müsste ich das, wäre ich säumig, genauso machen. Ich frage mich, ob ich dem Finanzamt netterweise den Säumniszuschlag erlassen werde, der mir eigentlich zustehen sollte. Weil ich viele Fragen habe, rufe ich beim Finanzamt an. Die Auskunft: Mein Antrag sei „übersehen“ worden, daher habe „der Antrag nicht bearbeitet werden können“, aber ich solle einen zweiten Antrag stellen, dann „passiert etwas“.
Obwohl das so von keinem Steuergesetz gedeckt ist, stelle ich einen zweiten Antrag. Der zweite Antrag bewirkt die Rückzahlung. Die Geschichte könnte hier zu Ende sein. Doch eine Woche nach Zahlungserhalt stellt mir das Finanzamt einen Bescheid zu. Dessen Inhalt: Mein zweiter Rückzahlungsantrag werde hiermit abgewiesen, denn mein Guthaben sei ja bereits aufgrund des zuerst gestellten Antrags zurückgezahlt worden.
Wo wir wieder beim Anfang wären: Steuerrecht ist vielleicht nicht spannend, aber doch unterhaltsam – oder, besser gesagt, komisch. Denn ich könnte gegen diesen Bescheid nun eine Beschwerde erheben. Immerhin liegt eine Rechtsverletzung vor, und zwar nicht nur der Gesetze der Logik. Hätte das Finanzamt einfach meinen ersten Antrag bearbeitet, wäre es nicht nötig gewesen, meinen zweiten Antrag per Bescheid zu erledigen und sich dafür eine Begründung auszudenken, wegen der ich mir am liebsten mehrfach mit der flachen Hand gegen die Stirn schlagen möchte. Wäre der Behördenwahnsinn ein Rad, mit einer Beschwerde könnte ich daran weiterdrehen.
Um die Geschichte doch zu beenden, bringe ich keine Beschwerde ein, obwohl es mich als Juristen in den Fingern juckt. Das Ganze hat an diesem Punkt bereits etwas Tröstliches: Bekanntlich sind uns nur zwei Dinge auf dieser Welt sicher – der Tod und die Steuer. Wenn das Finanzamt also infolge eines simplen Doppelantrags jede Vernunft verliert, ja, ins Wanken gerät und in sich zusammenstürzen könnte, wenn die Steuer also doch keine so sichere Sache ist, gilt das vielleicht auch für den Tod. Und damit kann ich gut leben.
© Markus Grundtner 2019-11-26