von Heidi Reiter
Diese Woche war ich auf einem runden Geburtstag eingeladen, einen 60er, den man nicht mehr mit so einer stoischen Gelassenheit annimmt wie den 50er, sondern schon mit ein bisschen Demut und zu guter Letzt auch noch dankbar ist, dass man diese Zahl überhaupt erreicht hat. Trotz der Tatsache, dass nun der 60er vollendet war, wurde sehr viel herum gescherzt über den Sinn des Lebens und was man sich jetzt überhaupt noch alles erwarten würde, denn die Zeitspanne wird ja auf jeden Fall etwas absehbarer und überschaulicher. Da man sich mit zunehmendem Alter wieder etwas der infantilen Phase annähert, wurde ganz unverblümt ein Wunsch in den Raum geworfen, den ich persönlich auch sehr interessant fand. Es wurde nämlich heiß darüber diskutiert, ob es nicht ratsam wäre, nun den 60-jährigen Ehemann gegen einen Toy Boy auszutauschen. Dies wäre auf jeden Fall vorteilhafter, als sich mit dem alternden und nörgelnden Ehemann abplagen zu müssen, der womöglich auch noch ein Pflegefall wird und die Ehefrau in die Schwesterntracht mutieren muss, um ihrem Goldschatz eine 24 Stunden – Rundumversorgung gewährleisten zu können. Da kann ich mir den Winter des Lebens schon noch ein bisschen amüsanter und auch spannender vorstellen. Meine stark ausgeprägte Fantasie wurde durch diese Diskussionen total angeregt und ich stellte mir vor, wie es so wäre mit einem jungen Gigolo zum Abendessen auszugehen, der natürlich im Gegensatz zum eigenen Ehemann auch noch top gestylt ist, sich Gentleman-Like benehmen kann, sich nicht vor mir durch die Türe drängt und auch nicht erwartet, dass ich ihm vielleicht auch noch in die Jacke helfe. Die Gespräche laufen dann nicht nur darauf hinaus, wie es den Kindern wohl geht mit ihren Partnern, wer sich als Nächster das Knie oder die Hüfte reparieren lassen wird oder wann die nächste Prostata Vorsorgeuntersuchung ansteht. Nein, mit meinem Toy Boy würde ich ganz andere Sachen besprechen, die auch meine Libido wieder etwas in Schwung bringen würden und ich mich diesbezüglich nicht nur mehr auf Weihnachten und Ostern freuen müsste. Wenn er dann womöglich mit mir auch noch über Platon, Schopenhauer und Seneca philosophieren kann, dann spätestens weiß ich, dass die Chancen sehr gut stehen, dass ich mit ihm noch das Paradies erforschen werde inklusive aller verbotenen Früchte. Denn dann würde ich definitiv sagen – DEAL und Challenge accepted. Leider wurde ich jäh aus meinen Tagträumereien gerissen, denn das Geburtstagskind musste ja entsprechend zelebriert werden und es wurde ein Ständchen angestimmt. Aber ich selbst gab mir ein Versprechen, wenn ich meinen 60er feiern würde, der ja zum Glück noch ein paar Sommer entfernt ist, dann lasse ich mir von meinen Golden Girls einen Toy Boy unter den Weihnachtsbaum legen, den ich definitiv nicht nach den Feiertagen umtauschen werde. Denn eines ist sicher, die verbotenen Früchte schmecken ja immer noch am besten, das wussten auch schon Adam und Eva und man muss im Leben immer spontan und auch ein bisschen durchgeknallt bleiben, dann passieren einem auch die verrücktesten Dinge. In diesem Sinne wünsche ich euch frohe Weihnachten und ich bin schon gespannt, was heuer unter eurem Christbaum liegt. Eure Cleo!
© Heidi Reiter 2024-12-22