von JABE
Die Parteien waren bereits zugewiesen. Mein Bruder vertrat meine Mutter und ich mich selbst. Meine Mutter lenkte diese RivalitĂ€t durch eine einseitige Bevorzugung. Es kam immer wieder zu einer provozierten Konfrontation zwischen meinem Bruder und mir. Wir waren vom Alter her 5 Jahre auseinander. Wie bereits beschrieben, hatte ich beziehungstechnisch die ersten 4 Jahre nicht wirklich etwas von meiner Mutter. Jetzt war meine Mutter wieder da, aber sie lehnte mich ab. Warum, wurde mir nie erklĂ€rt. Das, was ich weiĂ, sind Indizien, Andeutungen und das, was ich erlebt habe. Aber keine Antwort auf meine Fragen. Zu Weihnachten, bekam ich einen mechanischen Flipper. Ich hatte SpaĂ an dem Teil. Leider hat er bis Silvester nicht ĂŒberlebt. âAus Versehenâ sprang mein Bruder auf den Flipper, von seinem Bett aus. Ich war so wĂŒtend auf meinen Bruder, aber Mutter nahm ihn wie immer in Schutz, er konnte ja nichts dafĂŒr, ich hatte nicht gut genug aufgepasst. Nur dieses Grinsen meines Bruders sagte mir etwas anderes. Oder, Ich baute im Alter von 10 Jahren sehr gerne Schiffe der Firmen Revell und Heller zusammen und bemalte diese originalgetreu. So kam ich eines Tages von der Schule zurĂŒck. Zu Hause angekommen, hörte ich, in der Diele stehend, meinen Bruder in der Badewanne grölen. âTreffer, Bumm, Trefferâ kam es aus dem Badezimmer. Ich steuerte neugierig auf das Gegröle zu und sah meinen Bruder in der Badewanne sitzend, mit samt meiner Schiffe, die mit ihm zusammen Seeschlachten dieser Welt nachahmten. Mein ganzer Stolz, an wochenlanger TĂŒftelarbeit, schwamm zerbrochen, gesunken und zerstört in dem trĂŒben Badewasser meines Bruders. Das ging gegen alles, was ich so schmerzhaft gelernt hatte. Ich hatte gelernt, man geht nicht an Anderleuts Sachen, ohne zu Fragen. Die Sachen standen alle auf meinem Kleiderschrank im Kinderzimmer. Mein Bruder hĂ€tte es ohne Hilfe nie geschafft die Sachen dort zu erreichen. Im ersten Moment konnte ich das aber nicht realisieren und packte meine Missbilligung des Geschehens in einen Schlag, mit der flachen Hand, ins Gesicht meines lachenden Bruders. Diese Art der Kommunikation, eine Ausdrucksform der Missbilligung, kannte ich von meiner Mutter.
Augenblicklich wurde aus dem Lachen ein herzzerreiĂendes Weinen, dass das Rufen nach der Mutter, wie ein Blumen-Bouquet umschloss. Es war fast wie ein Geheimcode, den meine Mutter zum Anlass nahm, direkt mit einem Plastikkochlöffel bewaffnet, zur Quelle des Rufens, zum hilferufenden Liebling zu eilen. Es gab keine Verhandlung ĂŒber mein StrafmaĂ, noch weniger meine Anhörung als Angeklagter. Das StrafmaĂ stand bereits fest, Kochlöffel auf GesÀà und RĂŒcken. Nach der Regel, je betrunkener meine Mutter, desto mehr RĂŒckentreffer gab es. Ab einem Alkoholpegel traf sie mit dem Kochlöffel nicht mehr mein GesĂ€Ă, sondern Ihre Faust oder Ihr Handgelenk traf meinen RĂŒcken.
Wenn das vorkam, gab es eine Stunde spĂ€ter noch ein Nachspiel. Ein Vorwurfspotpourri ergoss sich ĂŒber mich, weil Ihr das Handgelenk, nach der Bestrafungsaktion, nun wehtat und das wĂ€re ja wohl allein meine Schuld. Zu Beginn meiner Bestrafung verstummte das wehleidige Geheule meines Bruders und ein zufriedenes LĂ€cheln machte sich breit. Das zu sehen, tat mehr Weh als die SchlĂ€ge von meiner Mutter selbst.
© JABE 2024-11-27