In einem Lifestyle-Magazin bin ich kürzlich auf einen Artikel zum Thema Einsamkeit gestoßen. Schon vor der Pandemie und ihren Einschränkungen im Sozialleben hat sich die Tendenz zum Single-Dasein gepaart mit dem Gefühl des Alleinseins in unserer Gesellschaft breit gemacht. Schaut man in die Supermarktregale, so sind kleinere Packungsgrößen ebenso ein Indiz für diese Lebensform, wie das Florieren von Dating-Plattformen. Ich nehme mich von diesem Solo-Phänomen nicht aus – lebe ich ja ebenso partnerlos und kenne das beklemmende Gefühl, nicht ganz vollständig zu sein. Gerade in dunklen Stunden kriecht dieses wie ein furchterregendes Ungetüm über das Gemüt und kann durchaus monströse Formen annehmen.
Ungeachtet dessen hat das Eremitentum auch seine Vorzüge. Nicht nur, dass ich in meinem „Reich“ die alleinige Herrscherin mit uneingeschränktem Entscheidungspouvoire bin, es führte mich ebenso zu dem Ursprung allen „Übels“. Wer im Außen nämlich nicht ständig damit beschäftigt ist, das Gegenüber zu interpretieren und sich darin zu spiegeln, hat mehr Zeit, um sich mit sich selbst und er Wurzel auseinanderzusetzen. Nach erfolglosen Kontaktversuchen und eingebüßten Freundschaften begann ich damit, das Gefühl und seine Herkunft in mir selbst zu erforschen. Und siehe da, die Einsamkeit kam tatsächlich in erster Linie aus meinem Herzen. Die unerfüllten Bedürfnisse frühester Kindheit waren jene Quälgeister, die einfach nicht ruhen wollten und lauthals nach Befriedigung gierten. Der leere „Tank“ meiner Seele wirkte bis in die Gegenwart hinein und wollte um jeden Preis gefüllt werden. Das Grundprinzip „ohne Treibstoff, kein Vorankommen“ bewahrheitete sich. Was jedoch ebenfalls vor meinem inneren Auge zu Tage kam, war die Einsicht, dass das Defizit, das einmal aus verschiedensten Gründen entstanden ist, heute nicht mehr auszugleichen ist. Vielmehr gilt es für mich, es in Liebe anzunehmen, gebührend anzunehmen und das eine oder andere Tränchen dafür zu vergießen, um es dann bewusst zu verabschieden. In Wahrheit habe ich nämlich alles in mir, was ich für ein erfülltes Sein brauche.
Auch wenn es schön wäre, das Leben mit jemandem zu teilen, morgens gemeinsam in einen gesegneten Tag zu starten und Entscheidungen bilateral zu treffen – man kann in der Menschenmenge und auch in der Partnerschaft weitaus einsamer sein, als allein. Heute fülle ich meine Wanne voll Glück selbst regelmäßig auf, sorge gut für mich und meine zarte Seele. Ich bade in der Wonne meiner Schöpferkraft, freue mich über jeden Ausflug in die Zweisamkeit, seien sie nun freundschaftlicher oder flüchtiger Natur, und bin dankbar für diese Offenbarung. Der Wechsel der Perspektive, wertvolle (Selbst-)Gespräche und das Loslassen der chronischen Sehnsucht nach etwas Unerreichbarem waren maßgeblich für das Reifen meines inneren Friedens mit der scheinbaren Isolation in der Außenwelt. Kleinod, statt Einöd. Namasté, wundervolles Leben!
© Elisabetta_Ardore 2021-03-01