von Lea Fäßler
Lachend rennen die Kinder durch die Pfützen, hüpfen immer wieder auf und ab, spritzen sich gegenseitig mit dem Regenwasser nass, ziehen den anderen die Kapuzen von den Köpfen. Heute dürfen sie, obwohl es regnet, draußen im Hof spielen. Alle tragen sie bunte Regenmäntel und wild durcheinander gemischte farbige Gummistiefel, die sie ganz alleine aussuchen durften!
Emma ist ganz stolz auf die Schuhe, die sie ausgesucht hat. Einer ist strahlend Gelb, der andere Feuerrot. Sie spielt mit ihren Freunden ein Spiel, bei dem sie über eine besonders große Pfütze springen müssen, ohne dass das Wasser aufspritzt. Immer wieder schaut sie zu dem großen Baum hinüber, der in der Nähe des Hauses wächst. Dort steht Emil, schüchtern hat er die Arme vor der Brust verschränkt, sieht den anderen Kindern einfach nur zu. Dem Mädchen fällt auf, dass er bloß einen Gummistiefel trägt. „Ich bin gleich wieder da“, sagt sie zu den anderen, macht einen besonders großen Sprung über die Pfütze, zieht ihre Kapuze vom Kopf und rennt zu Emil hinüber.
„Warum stehst du hier so alleine?“, fragt sie ihn neugierig. „Ich hab meinen zweiten Stiefel verloren … „. Emil zuckt traurig mit den Schultern. Der blaue Schuh, den er getragen hat, steckt in einer Schlammpfütze fest, aber es ist ihm peinlich, dass er ihn nicht herausziehen kann, deshalb sagt er nichts. Emma verzieht das Gesicht, denkt kurz nach, dann fangen ihre Augen an zu strahlen. „Ich weiß was!“, ruft sie begeistert, stellt sich direkt neben den Jungen und hält sich an seinem Arm fest. Als sie ihm von ihrer Idee erzählt, fängt auch Emil an zu lächeln – endlich kann er auch mitspielen!
Gemeinsam humpeln die beiden zurück zu den anderen Kindern, die ganz erstaunt auf ihre ineinander geschlungenen Arme sehen. Emmas rechter und Emils linker Fuß stecken jetzt in einem einzigen Gummistiefel, dem Roten. Sie müssen sich fest an den Händen halten, damit sie nicht umfallen. So zu laufen ist doch etwas schwierig, aber es klappt!
Schon bald sind alle damit beschäftigt ihre Füße zusammen in einen Schuh zu quetschen, ein neues Spiel entsteht. Die große Pfütze wird zur Ziellinie erklärt und das Paar, das sie als erstes erreicht, hat gewonnen. Fröhliches Quietschen, Lachen und Geschrei hallt über den ganzen Hof, die Kinder haben unheimlich viel Spaß. Emma und Emil grinsen sich immer wieder glücklich an, überlegen schon, was sie sonst noch gemeinsam spielen können.
Die beiden Erzieherinnen, die unter dem Dach stehen und ihre Schützlinge aufmerksam im Blick behalten, schütteln nur amüsiert den Kopf. Und erkennen sofort, dass sie hier gerade den Beginn einer wunderbaren Freundschaft beobachten.
© Lea Fäßler 2023-07-31