Der Violinist-IV

Alexander Hörl

von Alexander Hörl

Story

„Man hat sie mit einer Art Fleischerhaken getötet.“ Peters räusperte sich. „Grausige Sache, Fräulein.“ Er korrigierte sich hastig. „Inspektorin.“

Alessia runzelte die Stirn. Sie hatte sich bezüglich der Leichenobduktion mehr Hoffnungen gemacht. „Danke, Wachtmeister.“ Sie legte auf und wandte sich wieder dem jungen Priester zu, der geschäftig um den Altar lief.

„Wie gesagt, ich kenne die arme Helena nicht.“ Er begutachtete naserümpfend die Kanzel. Pater Valentin gehörte zu jenen Menschen, die selbst dann beschäftigt sind, wenn sie keine Beschäftigung haben. „Außer Johannes kommt kein junger Mensch je in die Kirche.“ Er runzelte die Stirn. „Außer Johannes und dieser … Rebellin dort.“

Alessia wandte sich überrascht um. Ein schwarz gekleidetes Mädchen mit einem Piercing in der Nase beobachtete sie vom Eingangsportal aus. In ihren Augen stand etwas Lauerndes.

„Danke für Ihre Aussage“, erwiderte Alessia. „Hallo! Kannst du mir ein paar Fragen beantworten?“

Das Mädchen reckte das Kinn. „Mein Name ist Luna. Was wollen Sie?“

Alessia hielt inne. Sie konnte nicht sagen, ob Luna ihr feindlich oder freundlich gesinnt war.

Sie kam ohne Umschweife zur Sache. „Kanntest du Helena?“

Luna verdrehte die Augen. „Sagen wir, ich kannte ihren Cousin. Wir waren mal beste Freunde.“

„Wirklich?“ Alessia sah sie überrascht an. Luna strahlte Stärke und Selbstsicherheit aus. Sie hätte sich nicht mehr von dem schüchternen Johannes unterscheiden können. „Dann warst du doch sicher oft bei ihm zu Besuch, oder?“

Luna schnaubte verächtlich. „Von wegen. Kennen Sie seinen Onkel? Kein Wunder, dass er so geworden ist.“

Alessia starrte sie verwirrt an. „Wer?“

„Sie sollten wissen, dass Johannes und seine Cousine immer für sich blieben. Beide hatten sie keine Freunde. Kein Wunder.“ Luna wandte sich ab und starrte feindselig den Altar an. „Ich wollte ihnen unbedingt helfen. Aber das war mein Fehler.“ Unvermittelt spuckte Luna auf den Boden und verließ die Kirche. Pater Valentin sah ihr empört nach.

Als Alessia zum Revier zurückkehrte, warf sie einen beiläufigen Blick auf das Haus von Johannes‘ Onkel. Der Mann arbeitete im Vorgarten. Er trug eine Jacke, auf der eine Zahl abgedruckt war.

42.

© Alexander Hörl 2021-08-04

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