Große Tropfen fielen vom grauen Himmel. Nicht einmal ich hatte Lust, hinauszugehen. Da blieb ich lieber zu Hause und erzählte im gemütlichen, warmen Kinderzimmer von Regen und Schnee:
Der kleine Wassertropfen Plitsch war aufgeregt. Zum ersten Mal durfte er seine Wolke verlassen und dabei sein, wenn die Wassertropfen als Regen zur Erde fielen. „Ist das aber hoch“, meinte er zu dem großen Wassertropfen neben ihm. Der beruhigte ihn und sagte: „Komm, wir springen gemeinsam!“ Plitsch ließ sich fallen. Er spürte den Wind und sah unter sich einen Bach, der rasch größer wurde. Schon landete er auf einem Stein am Ufer und rutschte in den Bach. Jetzt war er mitten unter vielen anderen Wassertropfen, die in einer wilden Fahrt den Berg hinunterrauschten. Das machte Spaß!
Es ging immer langsamer bergab. Der Bach verließ den Wald, floss durch Felder und Wiesen. Plitsch sah einen Bauern in einem Traktor, Kühe auf der Weide und in der Ferne ein kleines Dorf. Bald mündete der Bach in einen Fluss, der durch eine Stadt floss. Hier gab es hohe Häuser, Autos und viele Menschen auf den Straßen. Plitsch ließ auch die Stadt hinter sich. Er wurde müde und schlief ein.
Plitsch wachte auf, als er andere Wassertropfen rufen hörte: „Da vorne ist das Meer!“ Vor ihm lag eine riesige blaue Wasserfläche, der er sich langsam näherte. Er schaukelte auf den Wellen und schaute sich um. Ein großes Schiff kam auf ihn zu. Was würde passieren, wenn es über ihn drüberfuhr? Er spürte es fast gar nicht, weil viele tausend Wassertropfen das Schiff mit ihm gemeinsam trugen.
Die Sonne stieg höher, und Plitsch wurde immer heißer. Auf einmal spürte er die Hitze nicht mehr. Er fühlte sich ganz leicht und bemerkte, wie er langsam zum Himmel hinauf schwebte. Er war kein Wassertropfen mehr, sondern Wasserdampf! „Alles einsteigen, wir fliegen nach Norden“, sagte eine große Wolke über ihm. Plitsch beeilte sich, in die Wolke zu kommen. Jetzt war Plitsch wieder ein Wassertropfen und flog mit anderen Wassertropfen in der Wolke über das Land. Es wurde langsam kälter, auf der Erde lag Schnee. Plitsch fror, aber plötzlich machte ihm die Kälte nichts mehr aus. Er hatte sich in eine Schneeflocke verwandelt!
„Fertig machen zum Schneien“, sagte die Wolke. Plitsch und die anderen Schneeflocken ließen sich fallen. Diesmal ging es nicht so schnell. Der Wind wirbelte die Flocken durcheinander, bis sie sanft auf der Erde aufkamen. Plitsch landete auf dem Kopf eines Schneemanns. Dort blieb er den ganzen Winter und sah den Kindern zu, wie sie im Schnee spielten.
Als ihn die Frühlingssonne kitzelte, streckte sich Plitsch und merkte, dass er wieder ein Wassertropfen wurde. Ein größerer Wassertropfen! Mit vielen anderen Tropfen rann er über die Wiese bis zu einem Bach, der in einen Fluss mündete. Ein kleiner Wassertropfen neben ihm schaute sich neugierig um und fragte: „Wohin fließen wir?“ Das wusste Plitsch schon: „Ins Meer“, antwortete er.
© Zwischen_den_Zeilen 2023-01-22