von Jürgen Heimlich
Heute, am 3. April 2020, ist die Pollenbelastung von Birke und Esche sehr stark. Und so wird es, wie ich der Prognose des „Pollenwarndienstes“ entnehmen kann, mindestens bis übermorgen bleiben. Von 2013 bis 2017 habe ich eine Impfkur gemacht. Ich bin insbesondere gegen Gräser, Birken und Eschen allergisch. Wie sich ab 2018 gezeigt hat, sind die Symptome mit Beginn der Allergiezeit deutlich schwächer als vor der Impfkur. Dennoch sind die Allergene spürbar. Und ich habe mich also heute gefragt, wie es sein kann, dass ich Symptome habe, wie sie für mich als Allergiker typisch sind. Selbst das Öffnen des Fensters für ein, zwei Stunden kann wohl ausreichend sein, um mit den Allergenen konfrontiert zu werden.
Schon bei der ersten Aufklärung die Impfkur betreffend wurde mir geraten, dass ich während der Allergiesaison möglichst wenig draußen sein sollte. Das ist freilich nicht so leicht, wenn man einer Arbeit nachgeht und überhaupt gerne in der Natur unterwegs ist. Jetzt in dieser extremen Situation für uns alle, wo wir dazu angehalten sind, weitgehend in den eigenen vier Wänden zu bleiben, hat es tatsächlich einen Vorteil an sich, den Ratschlag zu befolgen. Die Intensität der Allergene ist im Steigen begriffen. Und damit ist auch zu erklären, dass ich trotz langjähriger Impfkur betroffen bin. Ginge ich nach draußen, hätte das eine deutliche Stärkung der Symptome zur Folge. So angenehmes Wetter kann gar nicht sein, um einen Spaziergang genießen zu können. Es gibt ja nicht wenige Allergiker, die jetzt betroffen sind. Für die Birkenpollensaison 2020 wurde eine extreme Intensität vorhergesagt; nun ist es soweit.
Wer Allergiker ist, dem fällt es vielleicht etwas leichter, mit den starken Einschränkungen umzugehen. Jedenfalls, was den Aufenthalt im Freien betrifft. Ich überlege weitere Impfungen in Zukunft, weil Symptome immer noch auftreten. Mein bester Freund hat mir gestern gesagt, dass ich kein Schamane bin. Eine kuriose Bemerkung im ersten Moment. Er hat mich dann aufgeklärt. Die Birke ist der Baum der Schamanen. Birken sind für sie Weltenbäume, durch die zwischen drei Welten – der Unterwelt, der Erde und dem Himmel – vermittelt wird. Wenn ich gerne Schamane sein wollte, so wäre dies allein schon wegen meiner Birkenallergie ausgeschlossen. Ich müsste mir dann einen anderen Baum suchen, dessen Pollen mir nichts anhaben können. Ich habe eine starke Affinität für Kirschbäume. Wenn sie in Blüte stehen, ist das ein erhebender Anblick. In Japan sollte jetzt Kirschblüte sein, vielleicht auch schon in Wien. Im Donaupark kann sie etwa bewundert werden. Eine besondere Freude macht mir auch die Fliederblüte. Am Friedhof St. Marx ist sie etwa von April bis Mai. Nirgends sonst in Wien ist die Fliederblüte so herrlich ausgeprägt! Davon träume ich jetzt also. Von der Kirschblüte und der Fliederblüte. Schamane werde ich keiner. Und habe es als Allergiker jetzt vielleicht etwas leichter als Nicht-Betroffene, daheim zu bleiben.
© Jürgen Heimlich 2020-04-03