von Tom Schopper
„21.12.2012 und alle werden sterben. Nicht nur vor lachen, sondern diesmal wirklich, ernsthaft und wahrhaftig!“, sagt die Frau im Drogeriemarkt laut ins Telefon hinein. In mir zuckt der Oberlehrer aus und nähere mich der Todgeweihten, um mit Hard Facts ihr Leben zu verlängern. Erst als ich in Reichweite bin, erkenne ich den irren Blick in ihren Augen und weiß, ein falsches Wort und ich bin dran. Komm aber aus der Nummer nicht mehr heraus, sie hat mich registriert und sieht mich scharf an.
„Entschuldigung, wissen Sie wo die Kondome der Größe XXXXL sind? Ich möchte beim Weltuntergang nochmal so richtig protzen. Ist ja logisch in Anbetracht der Dinge und der …“, sie wendet sich angeekelt ab. Gerade als ich mich selbst feiere höre ich die Stimme hinter mir. Ich drehe mich um und sehe der Filialleiterin ins Auge. „Wissen Sie, solche Größen führen wir nicht. Sie sollten eventuell Handschuhe nehmen“. Ich beginne etwas zu schrumpfen. Genau in diesem Moment kommt eine ältere Dame hinzu. Ich erwarte ein „Früher hätts das ned geben“, aber es kommt schlimmer.
Sie stellt sich neben mich und hängt sich bei mir ein.
„Wollens einer Dame nicht beim Einkaufen helfen, junger Mann?“
Während ich mir überlege wie ich mich in Luft auflösen kann und ob Mann schon so einen Versuch überlebt hat, fasst sie mir an den Hintern. Mit einem eleganten „Oh, da sind sie ja“, löse ich mich und rette mich in die nächste Regalreihe. Direkt in meine WeltuntergangsFetischistin hinein. Ich glaub, dass sie auf mich gewartet hat, denn sie verplempert keinen Augenblick.
„Ich habe es bemerkt“, sagt sie streng und mustert mich von oben bis unten.
Aus den Augenwinkel schaue ich, ob es im Regal neben mir, wo die Besen stehen, auch Schaufeln gibt. Ich glaub ich benötige grad eine. Vielleicht kann ich mich bis nach China durchgraben. Verwerfe aber den Gedanken, weil ich bei meinem Pech sicher im Mariannengraben oder am K2 landen würde. Während ich wertvolle Fluchtzeit ungenutzt verstreichen lasse nähert sich die ältere Frau von hinten. Sie ist auch noch nicht fertig mit mir. Zugleich drängt Frau Weltuntergang von vorne auf mich zu.
„Ich habe es bemerkt“, zischt sie mir dabei zu.
Hilferingend klammere ich mich an der Rolle Klopapier fest die ich in Händen halte. „Vielleicht kann ich mich damit einwickeln, mich tot stellen und wenn sie mich für eine Mumie halten, ablassen von mir?“, frage ich mich.
„Ich habe es bemerkt. Sie wollten mich anmachen. Weil morgen Weltuntergang ist, heißt das noch lange nicht, dass die Regeln des Anstands nicht mehr gelten“, fügt sie hinzu.
„Nur aufklären damit …“, ich werde von ihr unterbrochen.
„Mit dem AufklärungsTrick?“
In meiner Verzweiflung krame ich aus meinem Rucksack, Papier und Stift hervor und zeichne den MayaKalender auf, damit sie sieht, dass nix mit Untergang ist. Sie ist ein kluges Kind und versteht, die ältere Frau nicht.
„Xopoxylokappettl, lass es Steine auf mich regnen!“, schreie ich in meinen Kopf hinein.
Seitdem halt ich einfach meine Pappen.
© Tom Schopper 2019-04-12