Der Wolf

„Nur noch fünf Minuten“, sagte Laila angespannt und schaute flüchtig auf ihre Armbanduhr. Wir saßen beide ganz still da und warteten auf unser Todesurteil. „Glaubst du, es könnte sein, dass er heute nicht da ist?“, fragte ich hoffnungsvoll. „Nein“, entgegnete sie matt, „wir sind praktisch schon tot.“ Es klingelte.

Das Geräusch, das ich im Moment am wenigsten hören wollte. „Na dann mal los“, sagte ich optimistisch, doch eigentlich war mir übel. Wir betraten leise das Gebäude und schlichen die Treppe hinauf.

Von oben hörten wir eine uns bekannt vorkommende Stimme. „Er wartet bestimmt schon oben“, jammerte Laila leise und umging eine knarrende Treppenstufe. „Dann laufen wir ihm direkt in die Arme“, wisperte ich zurück. Mittlerweile waren wir oben angekommen und standen vor der entscheidenden Tür. Laila flüsterte noch schnell ein Gebet, während ich all meinen Mut zusammen nahm und an die Tür klopfte.

Markus öffnete uns die Tür und wir traten ein. Und dort war er; der Wolf. Er war groß, breit und hatte graues Haar. Seine Augen waren von einem intensiven Blau, fast wie Saphire und sie musterten uns argwöhnisch. „Ich dachte schon, ihr kommt gar nicht mehr“, sagte er mit rauer Stimme. Laila und ich gingen schnell zu unseren Plätzen und setzten uns nervös. „Und jetzt wünscht mir guten Appetit, Mädchen“, lachte der Wolf boshaft und sprang auf uns zu.

Gerade als er sein Maul aufriss und seine dolchartigen Zähne zum Vorschein kamen, zerriss der Traum und ich wachte schweißgebadet auf. Es war nur ein Traum gewesen. Ein Glück! Doch so unrealistisch war mein Traum gar nicht gewesen, denn heute würden wir Unterrichtsstunden bei dem neuen Lehrer Herr Wolf haben. Ich muss zugeben, ich habe ein bisschen Angst vor ihm, weil ich schon so manche Horrorgeschichte über ihn gehört habe. Doch ob ich wollte oder nicht: ich musste in die Schule, also stand ich auf und machte mich bereit. Doch dann kam alles doch ganz anders als erwartet…….