von Emma Kleyböcker
Und wir gingen durch die Nacht, bis die Läden öffneten. Und ich mich dir auch.
Wenn ich einen Moment innehielt und bemerkte, dass ich glĂĽcklich war, hatte ich schon Angst vor dem Moment, wenn das GefĂĽhl wieder verging. Wie so vieles in meinem Leben. GlĂĽck war nicht fĂĽr mich bestimmt. Vielleicht hatte das Universum in seiner Schaltzentrale einen Fehler gemacht, also freute ich mich nicht zu laut, sonst erkannte es seine Fehlprogrammierung. Besser leise glĂĽcklich sein als nie mehr.
Und wir spazierten, bis die Läden wieder zu machten. Und ich auch.
Meine Fehlprogrammierung war, dass ich dachte, man könnte nur eine gewisse Menge an Glück empfinden, so überschritt ich sie absichtlich nie, suchte mir genügend Dinge, von denen ich sagen konnte, dass sie noch nicht gut liefen. Die bestmögliche Lösung schloss ich kategorisch aus.
Miese Vergleiche, keine Reime. Ich nenn’ sie Gedichte, weil sie selbst für Kurzgeschichten zu unvollständig sind.
Streit mit Seelenverwandten. Getrennt und verliebt, zusammen und entliebt. Sich gefunden haben, aber nie zueinander finden. Liebe in der Clubtoilette suchen, weil es das Nächste ist, was daran herankommt. Beschlagende Fensterscheiben beschreiben, anstatt Liebesbriefe.
In Zukunft werde ich weniger Angst davor haben, die Person zu verlieren, als davor, mich in der Beziehung zu verlieren.
Kantiger
Ich wünschte, ich könnte einfach ein Messer nehmen. Keine Sorge, ich will noch am Leben bleiben, ich nehme es nur, setze es an meine Haut an und schneide den Schmerz heraus, den ich nicht aushalte.
Ich will kantiger sein, eine jawline haben, nicht diese Weiche in den Wangen und im Charakter, die alle ausnutzen. Ich will resistenter gegen Herzschmerz sein, ein bisschen Fleisch herausschneiden, eine thigh gap haben, weniger viel sein. Gewicht, Präsenz, Sehnsüchte. Leiser lachen, in seine Pullis passen, ich möchte ein bisschen weniger sein, als ich bin. Ein bisschen weniger, als ich eigentlich sein möchte, denn selbst das, was ich ohne meine erfüllten Träume bin, ist ihnen zu viel.
© Emma Kleyböcker 2024-12-10