von Seelenblick
Heute ist unser Start auf dem Jakobsweg durch Tirol in Schönwies.. Wir steigen aus dem, Zug und unser erstes Ziel ist Obsaurs. Hier soll es eine schöne Kapelle geben. Wir folgen einem breiten Weg, der nun aufwärts führt. Bald sehen wir linker Seite ein Jakobsschild, das nach Obsaurs führt. Nicht ahnend, wie beschwerlich der Weg für mich sein wird, folgen wir dem Steig steil bergauf. Es geht durch den Wald senkrecht nach oben. Es wird für mich immer anstrengender. Muß alle paar Meter stehen bleiben und schimpfe innerlich über den Schreiber des Reiseführers, da kein Hinweis im Buch zu finden ist, daß eine gute Kondition für den Aufstieg nicht verkehrt wäre.
Endlich am Rande der Erschöpfung ist die “St. Virgil” Kapelle am Waldrand von Obsaurs zu erkennen. Neben der Kapelle unter einer mächtigen alten Esche wartet ein herrlicher Brunnen mit frischem Wasser auf uns. Nun erfrischen wir uns erstmal und nach einer Weile hat sich mein Körper und mein Atem wieder normalisiert.
Die “St. Virgil” Kapelle wurde um 1500 erbaut und war im 17. Jhdt. vielbesuchter Wallfahrtsort. Sie ist den 3 „Saligen gewidmet. Immer wieder hört man in Tirol etwas von diesen 3 Heiligen. Dank des Jakobsweges, komme ich in die Lage, ein bißchen darüber zu recherchieren, da ich bis heute nicht weiß, welche Bewandtnis es damit auf sich hat.
Die Kapelle gibt einen Blick in unsere vorchristliche Vergangenheit bis in die rätische Zeit frei. Die Räter waren Ureinwohner Tirols. Ab dem 6. Jhdt. vor Christus begannen sie mit der Besiedelung des Alpenraumes. In Birgitz in Tirol wurde eine 2000 Jahre alte Siedlung der Räter entdeckt. Die älteste bekannte Siedlung in Tirol.
Die Räter besiedelten unser Land vor dem Einmarsch der Römer und verehrten 3 Göttinnen,. die über dem Eingang in einem Gemälde dargestell sind. Es sind dies die 3 “Saligen” Anbett, Gwerbett und Willbett. Ein Bezug zur Heiligungsgeschichte der kath. Kirche fehlt völlig. Der Kult um diese 3 legendären Jungfrauen wird auch im Pustertal, Schlehdorf, Worms und Straßburg bezeugt, um nur ein paar zu nennen und ist heute völlig abgekommen.
Im Inneren der Kapelle hat sich ein Jakobspilger 1604 verewigt, indem er Wanderstäbe und eine Jakobsmuschel an die Wand gekritzelt hat. Ich wußte nicht, daß es die Jakobsmuschel schon so lange gibt. Weiter hinauf auf einem Hügel ist noch ein Turm zu erkennen. Er wird Römerturm genannt und es gibt keinen Hinweis über seine Funktion. Man weiß lediglich , daß das Rundbogenportal aus dem 16. Jhdt. stammt. Es wird vermutet, das Gebiet diente als Kultplatz.
Nach einer wohl verdienten Jause, , begeben wir uns wieder zum Abstieg Richtung Mils. Jetzt wählen wir aber den Fahrweg, der viel bequemer zum Gehen ist. Bald erreichen wir den Ort und sind erfreut, wieder Zeugen der Vergangenheit und interessante Details der Tiroler Geschichte entdeckt zu haben.
© Seelenblick 2021-05-10