Mein Freund Sedlmayer…

…oder für jeden Topf gibt es einen Deckel

Sedlmayer ist nicht sein richtiger Name. Wir nennen ihn nur so, weil er uns an diesen begnadeten Schauspieler erinnert, der äußerlich das Paradeexemplar eines biederen Bayern verkörperte. Sein schillerndes Innenleben wurde der Öffentlichkeit jedoch erst nach dessen Tod bekannt.

Im Alter von zehn Jahren ist Sedlmayer das erste Mal zusammen mit anderen Erstklässlern des Gymnasiums, das mein Bruder besuchte bei uns aufgetaucht. Schon damals bemerkte ich, dass er irgendwie anders war als die übrigen Buben. Er hatte diese seltsame Vorliebe für ältere Menschen oder ich würde fast sagen für ältere Männer. Es schien als würde er deren Gehabe, Sprache und Habitus nach und nach übernehmen. Seltsam, er war wie ein alter Mann im Körper eines Kindes.

Sedlmayer wuchs in einem Frauenhaushalt auf. Erzogen wurde er von seiner Oma. Diese Großmutter war eine sehr harte Frau, die ihn auch körperlich züchtigte. Trotzdem liebte er sie sehr. Sie war geprägt von den schweren Nachkriegsjahren und zeigte kaum Emotionen. Er wuchs auf nach dem Motto: „Ned gschimpft is globt gnua!“ Er mochte es sogar wenn sie ihn ausschimpfte. Es war eben ihre Art Emotionen zu zeigen. Dann fühlte er, dass er von ihr geliebt wurde.

Diese Vorlieben für das Ruppige, Harte und Unfreundliche sind ihm geblieben. Auch die Vorliebe für Männer. Allerdings präferiert er heute junge, sehr junge Männer, die noch dazu erheblich kontrastieren mit seiner eigenen Erscheinung. Sedlmayer verkörpert den Traum aller Schiegermütter. Promoviert, arriviert und Anzugträger. Wer würde da vermuten, dass er privat ein ausgeprägtes Faible für das Halbseidene und Unterweltlerische hat.

Männer, die ihn sexuell ansprechen sind gepierct und tätowiert – oft von Kopf bis Fuß. Obwohl selbst Akademiker, bevorzugt er Männer mit niedrigem Bildungsstand. Strohdumm sei sein Beuteschema, hat er mir mal mit einem zwinkernden Auge erzählt. Rechtschreibfehler können für ihn ein richtiger Antörner sein, wenn er sich in einsamen Nächten auf den diversen Datingportalen herumtreibt. Selbstironie ist übrigens einer seiner Vorzüge, die ich sehr an ihm schätze und mag.

Sedlmayer wünscht sich einen fixen Partner in seinem Leben. Sagt aber, dass sich das bei seinen kontrastierenden Vorlieben schwer ausginge. In seinem Liebesalltag erweist sich sein Hang zum Groben und Handgreiflichen als besonders schwierig. Spätestens bei den Züchtigungen und Demütigungen, die er sich ersehnt, steigen ihm die blutjungen Burschen aus. Das drückt kaum einer durch…

Wir sind seit vielen Jahren miteinander befreundet der Sedlmayer ich. Von ganzem Herzen wünsche ich ihm, dass er da draußen jemand findet, der all das mitbringt, was er sich so sehr erträumt.

Für jeden Topf gibt es einen Deckel, sagt man bei uns. Nur finden muss man den halt…