Die Berliner Polizei – Freund und Helfer

Bernd Schreiber

von Bernd Schreiber

Story

Ein Doppelkopfabend stand an. Benno und ich fuhren mit unserem kampferprobten Roadrunner, einem T2, dorthin. Das klingt nach Panzer, war aber ein VW-Bulli vom Typ T2, den wir mit unseren handwerklich vier linken Händen zu einem Camper umgebaut hatten. Roadrunner war ein treuer Kamerad, litt aber bereits an Beulenpest.

„Bierchen?“, fragte mich der Gastgeber. Nein, denn normalerweise fuhr ich. Benno wollte nüchtern bleiben, bot sich deshalb als Fahrer an, hatte aber seinen Führerschein nicht dabei. Egal, wird schon, ich nahm jedenfalls dankend an: „Bierchen, ja gerne!“ Ich wiederholte die Bitte den Abend über noch ein- zweimal, bevor es wieder heimwärts ging.

Straße des 17. Juni, Richtung Goldelse, wedelte plötzlich eine blinkende Kelle vor uns, mit einem fuchtelnden Arm dran. Na super, Polizeikontrolle (gab’s 1975 in Hochzeiten des RAF-Terrors besonders häufig).

Der Polizist wollte von Benno am Steuer Führer- und KfZ-Schein sehen. „Hab‘ ick nich‘. Aber mein Beifahrer hier is‘ der Fahrzeughalter und hat‘n KfZ-Schein“, klärte Benno ihn auf. Er prüfte mein Dokument, blieb aber misstrauisch. Unser Hippie-Gefährt, Fahren ohne Führerschein und wir mit unserem alles andere als adretten Faconschnitt waren ihm suspekt. Wir sollten aussteigen und er wollte einen Blick in unseren Wohntrakt werfen. Wir ließen ihn werfen und er überzeugte sich, dass wir zwischen der Campingeinrichtung keine RAF-Terroristen versteckten.

Dann wurden wir einem anderen Polizisten in einer „Grünen Minna“ übergeben, der sich Bennos gültige Fahrerlaubnis per Funk bestätigen ließ. Während wir wie arme kleine Sünderlein dort hockten, stieg ein älterer Beamter hinzu: „Na, wat habt ihr beide denn ausjefressen?“ Man sah ihm die Dienst- und Lebenserfahrung förmlich an. Eindeutig, das war der Silberrücken, der Kaleu dieses Manövers hier. Sein Funker klärte ihn auf. Kaleu anschließend: „Also Sie sind Halter des Fahrzeugs, aber nicht gefahren und Sie sind ohne Führerschein gefahren, besitzen aber einen.“ Wir nickten abwechselnd. Zu mir: „Haben Sie denn keinen Führerschein?“ „Doch“, sagte ich. „Aber den haben Sie auch nicht dabei!“ „Aber klar“, sagte ich und zeigte ihm stolz den grauen, damals noch nicht verklebten Lappen. Ich glaube, an dieser Stelle schwenkten beide Polizisten von „vielleicht gefährlich“ auf „bekloppt“ um. „Warum sind Sie denn nicht gefahren?“. „Weil ich Alkohol getrunken habe.“ „Viel?“ „Nee.“ „Dann fahren Sie doch jetzt weiter, denn Ihr Freund darf nicht ans Steuer ohne eine Fahrerlaubnis mitzuführen.“ Ich war perplex und vermutete noch eine Falle. „Und was ist, wenn wir unterwegs wieder in eine Mausefalle, äh Polizeikontrolle geraten?“ Das sah er ein und stellte mir einen offiziellen Freifahrtschein aus.

So fuhr ich mit höchst polizeilicher Genehmigung leicht angedudelt den Rest durch Berlin. Mein Gott, ich war nicht stolz darauf, aber wer kann schon so etwas von sich sagen?

Urlaubsfoto: Roadrunner on tour.

© Bernd Schreiber 2022-02-19

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