von Michael Schober
August 1995
Wie oft habe ich sehnsüchtig zur Felseninsel Es Vedra, an der Westküste von Ibiza hinübergeblickt und mir vorgestellt wie es sein würde oben zu stehn. 1973 war ich erstmals in Ibiza und hab wohl auch zum ersten Mal die Vedra gesehen.
Bei allen folgenden Ibiza Urlauben war eine (früher auf Schotterpiste) Fahrt zur Cala D´Hort, einer wunderschön gelegenen Badebucht mit direktem Blick zur Vedra ein Muss.
Was ist so besonderes an diesem Steinhaufen? Schon bei der Hinfahrt wenn die Vedra ähnlich dem Traunstein erstmals sichtbar wird und 382m aus dem Meer aufragt war’s um mich geschehen. Der Faszination dieses Ortes auf dem der kathargische Feldherr Hannibal geboren sein soll und an dem es angeblich unzählige UFO Sichtungen gab konnte ich mich nicht entziehen. Stundenlang starrte ich jeden Urlaub mit dem Fernglas hinüber auf den 4km entfernten „Wunder“Felsen der manchen als Tor zum verschollenen Atlantis gilt, um eine Route für einen möglichen Aufstieg zu finden.
Heute, am 13. August sollte es soweit sein. Ich hatte am Strand den Ibizenker „Toni“ getroffen der sich anbot mich und meinen damals 15-jährige Sohn Florian überzusetzen und auch wieder abzuholen.
Wir fuhren also mit Toni, auf seinem Schlauchboot zur Vedra und vereinbarten dass er uns 6 Stunden später wieder holen solle. Handy gab es noch nicht. So, nun standen wir da, ausgerüstet mit einem Rucksack und Trinkwasser sowie einer 10m langen Reepschnur. Was uns fehlte war ein Weg. Nach ca. 2-stündigem Herumirren standen wir direkt vor der senkrecht aufragenden Wand und entschlossen uns schweren Herzens zum Abbruch. Beim Zurückgehen entdeckten wir jedoch eine Art Steig, vermutlich von den Ziegen stammend die im vorigen Jahrhundert hier ausgesetzt wurden und noch immer zahlreich, völlig auf sich gestellt hier lebten. Wir sahen eine Chance doch noch den Gipfel zu erreichen und nutzten diese auch. Nach kurzer Kletterei im 2. Grad und Überquerung eines langen Schuttfeldes auf der Rückseite der Insel war nur mehr die letzte Steilstufe zu bezwingen. Nach ca. 4 Stunden saßen wir ziemlich ausgelaugt aber mehr als zufrieden auf dem höchsten Punkt der Vedra der tatsächlich von einem Gipfelzeichen gekrönt war. Ein langersehnter Traum hatte sich erfüllt. Während der Gipfelrast wimmelte es von kleinen Eidechsen die völlig angstlos bis in den Rucksack krabbelten und von unserer Jause naschten. Vermutlich sahen sie nicht so oft Leute. Der einzige der hier jemals nachweislich gelebt hat war ein Einsiedler im 19. Jahrhundert. Er blieb angeblich 4 Jahre hier.
Hinunter ging’s schneller – mit etwas Seilsicherung waren wir nach einer Stunde am Ausgangspunkt unserer Tour und sprangen völlig verschwitzt ins wunderbare Wasser, das dort ca. 80m tief ist. Hier warteten wir auf Toni der uns wie vereinbart abholte und wieder sicher zum Ufer brachte.
Dankbar und zufrieden saßen wir noch lange am Strand bis die Sonne hinter der Vedra unterging. Ich denke gerne daran zurück…
© Michael Schober 2020-02-17