Die blitzblaue Sonnenblume

Christine Büttner

von Christine Büttner

Story
Jois 2024

Das Sonnenblumenfeld in Jois glänzt golden im Wind und beeindruckt die vorbei radelnden Menschen sehr. Die Blütenstände der jungen Pflanzen folgen tagsüber der Sonne von Ost nach West, und wenn man in der Nacht vorbeifährt, dann drehen sie ihre Köpfe wieder von West nach Ost, um auf den Sonnenaufgang zu warten.

In der Mitte dieses Feldes konnte man die klein gewachsene Sonnenblume Filyna erkennen, die mit ihren blitzblauen Blütenblättern so gar nicht in das Sonnenblumenfeld passte. Die Sonnenelfen mieden sie wie der Teufel das Weihwasser, denn sie schaukelten nur mit den gelben Blütenköpfen im Wind. Die Hummeln, Bienen und Schmetterlinge aber ließen sich von der blauen Farbe nicht beirren, deshalb bekam die unglückliche Pflanze manchmal doch Besuch. Sie trösteten Filyna mit ihrem Summen.

Die blitzblaue Sonnenblume wurde gemieden und weinte viele Blütenblättertränen, die wiederum etwas Gutes zustande brachten. Das Tränenwasser sorgte für mehr Feuchtigkeit im Boden und so wuchs sie Tag für Tag um ein ziemliches Stück. Nach einigen Tagen überragte Filyna ihre Sonnenblumenschwestern um mehr als 50 Zentimeter. Die Tiere, die sich im nahen Wald aufhielten, sahen diesem Geschehen bewundernd zu. Das Reh machte sich schließlich zu ihr auf, fraß aber komischerweise nur die grünen samtenen Blätter der gelben Pflanzen. Einige Schnecken hatten dieses prächtige Sonnenblumenfeld entdeckt, auch sie ließen die blitzblaue Sonnenblume in Ruhe, allerdings machten sie vor den goldgelben Schwestern nicht Halt.

Eine Zeitlang beobachtete die Außenseiterin das Geschehen und dann kam ihr eine Idee. Sie hatte eine wunderbare Stimme, und wenn der Wind sie begleitete, dann hörten die Waldtiere ein warnendes Grollen. Alle Tiere bekamen Angst und ließen das riesige Sonnenblumenfeld in Ruhe. Die gelb leuchtenden Sonnenblumen waren Filyna sehr dankbar, denn ab jetzt blieben sie verschont und konnten ihre Reifezeit in vollen Zügen genießen. Schließlich zollten der blauen hochgewachsenen Pflanze auch die Sonnenelfen ihren Respekt. Die Anführerin setzte sich mit einem Schwung auf die große Blüte und schaukelte mit ihr hin und her. Da hörte man weithin ein Lachen, denn für alle gab es einen großen Spaß. Schließlich flog eine kluge Elfe zum Zauberer in den Wald, dem sie das Leid von Filyna erzählte. Er hörte ihr aufmerksam zu und dachte nach. Plötzlich schlug er eine besondere Seite in seinem Zauberbuch auf und lächelte. „Fünf, sechs, sieben, in meinem Zauberbuch steht es geschrieben. Die böse Hexe hat diesen Zauber gesprochen, von mir aber wird er gebrochen. Die blaue Farbe soll jetzt weichen, das Gelb wird ab jetzt Filynas Zeichen. Sie sei erlöst von dieser Pein, die grausame Hexe werde zu Stein!“

In diesem Augenblick riefen die Sonnenblumen ein lautes Hurra zur Sonne, das Blitzblau verwandelte sich in Gold. Filyna war überglücklich und dankte der Elfe sowie dem Zauberer, der diesen Fluch aufgehoben hatte. Nur manchmal kam ein einziges blitzblaues Blütenblatt zum Vorschein, aber das fiel den Sonnenfreundinnen nicht mehr auf und Filyna wusste, sie war etwas ganz Besonderes!

© Christine Büttner 2024-08-18

Genres
Romane & Erzählungen
Stimmung
Hoffnungsvoll, Inspirierend, Mysteriös
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