von Pusteblume1910
Ich war schon immer nicht schlank oder schön, ich war immer eher in der untersten Schicht des Durchschnittes. Aber hey, wenn du damit aufwächst ist es doch gar nicht so schlimm, oder?
Jedenfalls dachte ich mir das zu mindest. Klar ist das normal nicht von anderen gesehen zu werden oder nicht so viele Freunde zu haben, ist halt so. Ein Gedanke, der mich Jahrelang verfolgt hat und bis heute noch recht aktiv in meinem kleinen Köpfchen ist, zwar verdrängt in einer der untersten Schubladen, aber er ist definitiv noch vorhanden.
Fußball ist toll und die Jungs haben mich als Mädchen immer akzeptiert, ich war sogar gar nicht so schlecht für ein Moppelchen. Doch wirklich angekommen war ich dort nie. Ich war zwar erst 5 aber sollte man da nicht unbeschwert spielen können, anstatt immer wieder denselben Spruch zu hören. Aber damit war der Stein gelegt, fest verankert in meinem Kopf und ändern wird sich das so schnell nicht. Die ganze Grundschulzeit war es glaube ich dasselbe, ich kann mich jedenfalls nicht dran erinnern, dass ich ein Tag nachhause kam und mich besser als die anderen Tage fühlte.
Dann kam das große neue! Weiterführende Schule, wow, Neuanfang. Das war mein Gedanke, endlich aus dem alten Schema raus, endlich zeigen was in einem Steckt. Aber natürlich auch die große Angst die letztendlich, was ein Wunder, auch berechtigt war. Ich war wieder die Außenseiterin, trug keine Markenklamotten, war dick, hatte Pickel. Ich war es gewohnt, also halb so schlimm. Doch ich wurde älter und es wurde schlimmer. Meine Mutter hatte den ersten Schlaganfall. „Stell dich nicht so an“, „Sie lebt doch noch.. Mach nicht so ein Theater“ alles Sätze, die ich zur Genüge zu hören bekam. Ja sie war nicht Tod, aber macht es das besser?
Man lernt damit umzugehen, man kapselt sich ab. Die Zeit verging langsam, sehr langsam. Es wurden doch irgendwie Freundschaften geknüpft. Ob man es Freundschaft nennen konnte, wage ich bis heute zu bezweifeln. Aber es war einfacher damit umzugehen. Meine Noten waren nicht die besten, gerade Mathematik war ein Fluch. Über Sport müssen wir glaube ich nicht reden, immerhin war ich die Dicke. Ich begann mit Handball, etwas was ich wirklich konnte und ja auch da hatte ich keine wirklichen Freunde. Ich war da, was alle gut fanden aber alles andere drum herum war eher Bekanntschaft. Natürlich wurde ich auch mal eingeladen, aber nur damit der Zusammenhalt der Mannschaft nicht darunter leiden musste.
Und dann ein Wunder, ich habe doch Menschen gefunden dich mich mochten. Die mich einluden zu Geburtstagen ohne das es eine Pflicht war, sie mochten mich. Ich dachte, jetzt kann es nur besser werden. Ich habe jemanden kennengelernt der mich mochte, der nicht auf mir herumhackte. Meine erste große Liebe. Jetzt konnte doch nur alles Besser werden, oder?
© Judith Prieß 2025-01-16