Die ersten Tage – aus meinem Tagebuch

Doris Amersberger

von Doris Amersberger

Story

Freitag, 13. März 2020

Ein Tagebuch zu solch einer Entwicklung an einem mythischen Datum beginnen zu lassen, kann doch kein Zufall sein! Wie schön ist es doch, dem Aberglauben gleich zu Beginn ein Schnippchen zu schlagen, ich hatte nur in den vergangenen Tagen nicht die Zeit, meine Gedanken zu Papier zu bringen.

Bis zum Dienstag war die Welt fĂĽr jeden und jede in Ă–sterreich wie immer. Zwar war da vielleicht schon ein komisches GefĂĽhl in der Magengegend, weil die Meldungen aus Italien bereits ein sehr erschreckendes AusmaĂź annahmen.

An diesem Dienstag musste ich länger auf die Konferenz warten, weshalb ich mich freute, zwischen einzelnen Regentropfen, an schnell vorbeiziehenden Wolken, einen Spaziergang zu machen. Ich war flott unterwegs und wollte eine kleine Ortschaft nahe der Schule erkunden. Ein Weg fĂĽhrte rauf zu einer Waldlichtung, ich genoss den Ausblick in die Gegend. Eine halbe Stunde später, zurĂĽck in der Schule, musste ich feststellen, dass sich unser Leben in groĂźen Schritten ändern wird…

Samstag, 14. März

Wer kennt das nicht: immer wieder am Wochenende fehlt etwas: irgendeine Zutat für das Mittagessen, Milch für den Kaffee oder einfach nur Klopapier. Eigentlich kein Problem. Eigentlich. Seit einigen Tagen ist alles anders, auch hierbei. Das Brotregal ist bereits um 10 Uhr leer, weshalb ich auf der Suche nach Germ war– selbstgemachtes Brot ist ohnehin besser. Weder gestern noch heute konnte ich Germ im Regal entdecken. Beim Klopapier konnte ich die letzte Viererpackung CosySoft ergattern. Ich war voll der Freude, dass wir nun doch dieses Wochenende kein Zeitungspapier in pogerechte Stücke schneiden müssen, obwohl mein kleiner Sohn Matthias sicher seine Freude damit hätte.

Wie lange kommen die Leute, die in den letzten Tagen einen Einkaufswagen vollgestopft mit Klopapier oder zwei Steigen Kaffeesahne gehamstert haben, damit aus? Landet all das viele GemĂĽse und Obst ohnehin im BiomĂĽll?

Es ist schon spannend zu sehen, wie in einer prekären Lage der Mensch auf seine niederen Instinkte zurückgeworfen wird. Alle Bemühungen, die Gedanken der Solidarität, der Menschlichkeit in der Gesellschaft zu verankern, erlöschen mit einem Ausnahmezustand und wir sind wieder am Gängelband unserer eigenen Triebe. Was würden Voltaire und andere Denker der Aufklärung sagen, sie, die die Kraft des vernunftbegabten Denkens in Europa als wichtige Grundpfeiler verankert haben?

ECCE HOMO. Siehe da, der Mensch, mit all seinem Sehnen, seiner Niedertracht, seinen AbgrĂĽnden…… SEINER HOFFNUNG.

Dienstag, 16. März

„Begegne dem, was auf dich zukommt, nicht mit Angst, sondern mit Hoffnung.“ (Franz von Sales)

Nachdem wir gestern wieder fleißig im Garten gearbeitet haben, habe ich diese Worte auf die Tafel meines Sohnes geschrieben und diese so platziert, dass alle Vorbeigehenden diese Worte lesen können. Als Aufmunterung, als kleinen Sonnenstrahl, als positiven Gedanken.

© Doris Amersberger 2020-03-21

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